Presseausweis
Von Marit Schnackenberg, 19.06.2024
Das Paul-Gerhardt-Haus – aufgegeben.
In den Jahren 2010 bis 2018 gab eine rege gemeindliche Familienarbeit an der Erlöserkirche und am Paul-Gerhardt-Haus (PG). Bei großen Kindertagen, aber auch bei vielen Festen- und Basaren haben wir uns zusammengetan: Das Jugendzentrum, die Familienbildungsstätte (Fabi) und die Kirchengemeinde. Wir alle haben uns hineingefühlt in das Miteinander an diesem besonderen - vom Verkehr umgebenen Ort – im Zentrum der Stadt. Es war das Duo, dass den Ort zu dem machte, der er war. Das Haus mit den blauen Fenstern und unsere Kirche.
Viele Münsteraner haben ihre Geschichte mit dem PG: Die Jugendlichen des HOT (Haus der offenen Tür) aus Coerde und Co; die Theaterarbeit und die Hausaufgabenhilfe; die Kinder des Viertels; der Westfalenfleiß-Chor, der Heinrich-Schütz-Chor; Junge Familien, die die Fabi besuchten; Konzertbesucher; Jugendliche Gehörlose, die sich hier trafen und Selbsthilfegruppen, um nur einige zu nennen.
Parallel fand in den letzten 20 Jahren ein Tauziehen zwischen Politik, Stadt, Kirchenamt und überfordertem ehrenamtlichen Gemeindevorstand zum Fall „Paul-Gerhardt-Haus“ statt. Planer und Pastoren gingen, neue kamen. Umgestaltungspläne wurden verworfen.
Das Kirchenamt selbst gönnte sich unterdessen einen Neubau, abseits des Zentrums [1]. Die Evangelische Kirche in Deutschland, mit ihr der Kirchenkreis Münster, verwaltet aktuell so hohe Steuereinnahmen wie noch nie [2]. Die Entscheidung der Kirchenämter zur Verteilung des anvertrauten Geldes der Mitglieder sind fragwürdig. Ein Rückzug der Kirche an Orten wie dem des PG ist tragisch. Ich bin mir nicht sicher, wie viele Entscheider in der Verwaltung der evangelischen Kirche in Münster auch nur im mindestens fühlen können, wie wichtig echte – eigene – Räume sind, die Vertrautheit und ein Gefühl von zu Hause bieten. Dass viele Gemeindepastorinnen und Gemeindepastoren diesen Weg der stetigen Fusionierung und Aufgabe von Orten so laut- und klaglos mitgehen, beschleunigt meiner Meinung nach den gravierenden Bedeutungsverlust der evangelischen Kirche in Münster und an vielen anderen Orten.
An der Erlöserkirche Münster gibt es seit 2018 keine Kinder- und Familienarbeit mehr. Der Gottesdienstbesuch ist stark eingebrochen in den letzten 5 Jahren und liegt bei etwa 15-20 Personen (bei über 4000 Mitgliedern des Bezirks). An Ostern 2024 waren 18 Menschen im Gottesdienst in der Erlöserkirche an der Friedrichstraße.

Die Frage: „Quo vadis“ - Wohin gehst du, Gemeinde, im Viertel und in der Stadt?“ ist seit einigen Jahren unbeantwortet. Dennoch: Das Leben ist ein Weg, begleitet von Aufgabe und Zerstörung aber auch von Aufbrüchen und Neuanfängen. [3]
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