Presseausweis
Von Stefan Bergmann, 22.03.2017
Stefan Bergmann - Lasst uns über Recht und Gerechtigkeit sprechen.
Lasst uns über Recht und Gerechtigkeit sprechen. Uhhh, etwas kleiner geht es nicht? Doch. Aber nicht in diesem Fall. Denn wir müssen reden, über das Kommunalabgabengesetz.
Kommunal….was? Das ist ein kleiner, aber für Bürger oft teurer Teil des Ortsrechtes. Er besagt: Kriegt Ihr eine neue Straße vor Eurer Haustür, dann müsst Ihr dafür bezahlen. Bis zu 80 Prozent der Kosten. Und da wir ja in Münster leben und den Anspruch haben, alles immer ein bisschen besser zu machen, gehen die Gebühren schnell in die Tausende, für jeden Einzelnen. Manch einer muss dafür Kredite aufnehmen, das Ersparte zusammenkratzen. Das ist das Recht.
Das ist ärgerlich, aber im Grunde ok, wenn man bisher vor dem Haus einen löchrigen Feldweg hat, der dann zur schicken glatten Straße wird. Man könnte sagen, das ist Gerechtigkeit (wobei, die Frage muss erlaubt sein: Wofür bezahlen wir eigentlich Steuern?)
Fragen wir zu diesem Thema doch mal die Anwohner des Schwarzen Kamps, eines kleinen Sträßchens in Mecklenbeck. Jahrzehntelang lebten sie mit einem Autohaus vor der Nase (Beresa). Das ist jetzt weg. Auf der Fläche soll ein Neubaugebiet entstehen, gebaut von einem Investor. Dumm nur: der Schwarze Kamp ist eine etwas lädierte Straße. Gut genug für alle, die da wohnen. Aber die vielen Baufahrzeuge und später die neuen Nachbarn würden sie wohl vollends kaputtfahren.
Wenn die Stadt nun die Straße komplett erneuert für die neuen Nachbarn - wäre es gerecht, wenn die alten Nachbarn dafür zahlen müssten? Wohl kaum. Aber es ist Recht.
Das Gesetz über die Anliegerabgaben ist eines der ungerechtesten Gesetze überhaupt. Die Bürger werden geschröpft. Weil es immer nur wenige betrifft, gibt es keinen großen, organisierten Widerstand. Wer sich wehrt, wird als Querulant wahrgenommen. Doch das Gesetz ist ungerecht, weil allein die Stadt entscheidet, ob und wann und wie eine Straße ausgebaut wird. Von einer neuen Straße hätten die Anlieger einen Vorteil, so die Begründung, deswegen müssen sie zahlen. Aber welchen Vorteil haben die Anlieger am Schwarzen Kamp, wenn vor ihrer Haustür drei Schlaglöcher weniger sind? Und: Ist dieser Vorteil Tausende von Euro wert?
In der Bezirksvertretung West versucht die CDU jetzt, den Anteil der Anlieger zu drücken. Sie wird scheitern. Der Rat wird nicht das Instrument verwässern, mit dem er seit Jahrzehnten Bürger in die Tasche greift, oftmals für Straßenausbauten, die niemand will.
Das ist zwar Recht. Aber es nicht Gerechtigkeit. Wer die Musik bestellt, muss sie bezahlen. Am Schwarzen Kamp wäre dies die Stadt, oder der Investor. Es wird dringend Zeit, dass dieses Gesetz einmal gerichtlich überprüft wird. Deswegen wünsche ich dem Schwarzen Kamp Durchhaltevermögen - und gute Anwälte.