Wir sind stolze Pächter eines Gartens
Der Drang nach Freiraum, sich an der frischen Luft und umgeben von der Natur aufzuhalten und zu bewegen, ist ein menschliches Grundbedürfnis. Ein Kleingarten bietet nicht nur das, sondern ist viel mehr. Er dient dazu, sein eigenes Gemüse und Obst anzubauen und zu ernten, soziale Kontakte zu knüpfen und die oftmals geringe freie Zeit aktiv zum Entspannen zu nutzen und gleichzeitig unterstützt er die Erhaltung, die Artenvielfalt und die Biodiversität. Früher waren es eher Ruheständler, die einen sonnigen Platz im Grünen suchten, heute sind es verstärkt Familien mit Kindern, die nach einem Garten suchen, um der hektischen Zeit im Dschungel der Stadt zu entfliehen und den Kindern einen Platz zum Spielen zu schaffen. Ein Kleingarten wird immer mehr als ein Ort der Ruhe und Entspannung, ein Ort, an dem man seine Freizeit ungestört verbringen kann, angesehen, und die notwendige Gartenarbeit wird zunehmend als aktiver Ausgleich zur Berufstätigkeit betrachtet.
Allein in Münster gibt es rund 64 Vereine und 13.900 Parzellengrundstücke. Mit fast ca. 5.700 Kleingarten-Mitgliedern und deren Familien ist Münster nach Dortmund der zweitgrößte Verband In Westfalen. In Deutschland selbst sind rund eine Million Gartenfreunde in knapp 15.000 Kleingärtnervereinen organisiert.
Ein Garten ist natürlich nicht nur Vergnügen. Jeder, der einen Kleingarten hat, muss sich als erstes an die Vereinsrichtlinien halten. Alle Satzungen der einzelnen Kleingartenvereine werden durch das Bundeskleingartengesetz, wo nichts dem Zufall überlassen wird, geregelt. Zum Beispiel, wie groß die Nutz-, Rasen-, Gemüse- und Blumenflächen sein müssen und wie viele Pflichtstunden im Jahr abzuleisten sind. Übernachten ist zwar erlaubt, dauerhaftes Wohnen aber verboten. Doch so streng wie vielleicht vor einigen Jahren ist es heute nicht mehr. Aber natürlich muss auch geackert und geschuftet werden.
Auch wir träumten von unserem selbstgezogenen Obst und Gemüse, einem Platz zum entspannen und Naturerfahrungen für unsere Tochter. Und so hat meine Frau sich auf die Suche gemacht, es hat eine Weile gedauert, bis wir fündig geworden sind. Doch dann fanden wir einen Garten, nicht weit von unserer Wohnung entfernt und in weniger als 10 Minuten zu Fuß zu erreichen. Schließlich vereibarten wir einen Besichtigungstermin. Nach ein paar Tagen konnten wir tatsächlich den Garten aufsuchen und waren begeistert. Mit den Pächtern wurden wir uns einig. Schnell wurde das Bewerbungsformular ausgefüllt. Nachdem der Vorstand zugestimmt hat, wurden wir stolze Pächter eines Gartens.
Der Garten selbst ist knapp 400 m² groß und gut in Schuss. Eins haben wir sofort rausgefunden, die Vorpächterin hatte laut Aussage der Gartennachbarin dem Unkraut den Krieg geklärt und es war auch so. Der Garten war, kaum zu glauben, unkrautfrei. Unsicher, ob wir dieses weiter fortsetzen können, waren wir voller Ideen, wie unser Garten am Ende aussehen soll. Und das, ohne ihn auf den Kopf zu stellen oder wie ein Gartenbesitzer mir empfohlen hat: erst einmal schauen, was zu welcher Jahreszeit aus der Erde kommt und eine Bestandaufnahme machen und das alles auf Papier skizzieren. Erst dann sollte man mit der Gartengestaltung anfangen. Was wir natürlich nicht gemacht haben.
Als wir den Garten übernommen haben, hatten wir bei der Gartengestaltung eine genaue Idee, wie unser Traumgarten aussehen soll. Lieblingsfarben, Lieblingsblumen, Lieblingsobst und Lieblingsgemüse. Möglichst mit wenig Arbeit verbunden, damit wir den Garten auch genießen können. Somit starteten wir voller Motivation leider etwas planlos unsere Gärtnerkariere, mit dem Gedanken, dass wir in kürzester Zeit alles so haben, wie wir es uns wünschen. Jetzt, nach drei Jahren ein-, aus- und umpflanzen wissen wir, dass ein Garten nie richtig fertig wird, da man immer wieder neue Ideen entwickelt, wie ernoch schöner werden kann. Und ich kann verraten, inzwischen gibt es auch in unserem Garten Unkraut.
Bei der Dekoration und bei den Gartenmöbeln war es uns sehr wichtig, diese individuell zu gestalten, nicht alles neu zu kaufen, sondern vorhandenes umzugestalten. Dabei entstanden völlig neue Verwendungszwecke. Umfunktionieren und Restaurieren heißt hier die Devise. So entstehen mit etwas Erfindergeist und dem Mut zum Ausprobieren oft überraschende und schöne Lösungen.
Ist es denn nicht billiger oder zumindest einfacher, statt zu basteln gleich etwas Neues zu kaufen? In bestimmten Fällen sicher, aber eben nicht immer. Hier entscheidet wohl die Gabe der Phantasie. Und wenn man den Ideenreichtum und die Erfindungsgabe einiger Gartenfreunde betrachtet, zeigt sich rasch: so mancher Gegenstand hat noch lange nicht ausgedient und gelangt durch etwas Kreativität zu höheren Ehren.
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Omar Boudablij
ist 50 Jahre alt, bei der na dann … arbeitet er seit 1995. Er lebt in Dortmund.
omar@nadann.de
Autor: Omar