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60 Jahre John Coltrane  „A Love Supreme“ – 1964 


(Ist das wirklich eine Jazz-Aufnahme?)


Part 1

„Als ich „A Love Supreme“ zum ersten Mal hörte, war es wirklich ein Angriff, die Musik passte damals nicht in die Muster meines Gehirns.“ – Carlos Santana

A Love Supreme“ von John Coltrane ist eine unglaublich bekannte Jazz-Platte und bleibt eines der beliebtesten Jazz-Alben aller Zeiten. Das Album steht auf dem zweiten Platz, nur geschlagen von „Kind of Blue“ von Miles Davis, was wirklich etwas heißen will. Wenn man sich die Geschichte und das Leben von Coltrane ansieht, während er dieses Album schrieb, stellt man fest, dass der Entstehung der Platte eine spirituelle Motivation zugrunde liegt, nämlich seine Beziehung zu einer höheren Macht. Nicht unbedingt Gott, wie es in der christlichen Bibel oder anderen heiligen Texten beschrieben wird, sondern einfach ein höheres Wesen im Universum. John Coltrane war von seiner Vorstellung dieser höheren Macht geradezu besessen und brachte sie in seiner Musik zum Ausdruck. Wenn Sie aus erster Hand erfahren möchten, wie besessen er von der Musik war, die seine höheren Gedanken ständig auf die Probe stellte, dann schauen Sie sich das Interview mit seiner Frau Alice Coltrane auf YouTube an: „Branford Marsalis interviewt Alice Coltrane“. Hier hören Sie, wie sie erzählt, wie er über zwei Wochen lang in seinen Übungsraum ging und ihn nur verließ, um auf die Toilette zu gehen und ein paar Häppchen zu essen. Es ist ein aufregender Einblick in den Moment, in dem Musikgeschichte geschrieben wurde, und er wird von seiner Frau als einziger Augenzeugin geschildert.

Was „A Love Supreme“ so beeindruckend für mich machte als ich es zum ersten Mal hörte, war nicht unbedingt die Musik, sondern die komplexe und reiche Hintergrundgeschichte. Ich war 15 Jahre alt und erfuhr von meinem Kunstlehrer Mr. Blackburn, dass es in Birmingham am Centenary Square eine öffentliche Bibliothek gibt. Dies war nicht nur ein Ort, an dem man stundenlang sitzen und ein beliebiges Buch lesen konnte, sondern es gab dort auch eine riesige LP-Sammlung mit unterschiedlicher ethnischer Musik aus der ganzen Welt. Man konnte die Platten seiner Wahl für eine Woche ausleihen und nach deren Rückgabe konnte man neue ausleihen. Ich war offensichtlich zu jung, um das tun zu können, aber ich konnte trotzdem Platten auswählen und mich dann hinsetzen und sie auf den vielen verschiedenen Plattenspielern anhören, die sich schalldichten Kabinen befanden. Die Bibliothek öffnete samstagmorgens um 10 Uhr und schloss nachmittags wieder um 16 Uhr. Nachdem ich diesen magischen Ort entdeckt hatte, wurde ich ein besessenes Mitglied und besuchte die Bibliothek von da an wöchentlich. Ich hörte stundenlang progressive Musik, Jazz, Blues, Klassik, indische, afrikanische und sogar Musik verlorener Stämme aus aller Welt, versuchte im Gedächtnis zu behalten, was ich gehört hatte, ging dann nach Hause und spielte diese Klänge auf meinem Saxophon nach. Ich habe keine Aufnahmen davon, wie das geklungen hätte, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich irgendwelche angenehmen Klänge für irgendjemanden erzeugt hätte, der zuhörte, ha! ha! ha! :)) Coltrane wurde für mich automatisch zu einem inspirierenden Musiker, eigentlich zu einer Art Vorbild. Er hatte seine Drogensucht überwunden. Er war Vater, Ehemann und beeinflusste mit seinem Spiel ganze Generationen. Seine Musik hatte die Fähigkeit, ihn selbst und jeden, der sie hören wollte, in eine andere Welt zu versetzen. „A Love Supreme“ wurde in Isolation geschrieben und nicht in einem Studio, wie so viele Stücke damals. In den Liner Notes des Albums gibt Coltrane zahlreiche Hinweise auf Schwingungen, die zu Gott zurückführen. Für mich wurde das Album zum hellsten Licht, das man hören konnte, wenn das einen Sinn ergibt. Diese Idee hat mich wirklich gepackt, und das Einzige, was ich über Göttlichkeit weiß, ist, dass sie hell ist. Diese Schwingungen befinden sich im Inneren der runden Öffnung eines Saxophons. Es sind all die Schwingungen und der Ton, den man erreichen kann, wenn man versucht, das Saxophon wie Coltrane zu spielen. Als ich „Chasing-Trane“ sah – eine Dokumentation über Coltranes Leben und Musik – erfuhr ich, dass verschiedene Leute, die keine Jazzfans waren und seine Musik hörten, das Gefühl hatten, sie zu verstehen. Er versuchte auch, mehr über verschiedene Kulturen und Religionen zu lernen und diese auch in sein Denken einfließen zu lassen. Coltrane war ein sehr friedfertiger Mensch und es war ihm wichtig, Menschen zusammenzubringen. Weil ihm andere Kulturen und viele verschiedene Menschen, die mit seiner Musik verbunden waren, so wichtig waren, beschloss ich an einem Dienstagnachmittag im Kunstunterricht, sein Saxophon so zu zeichnen, als ob aus der Glocke das ganze Sonnensystem käme statt Musik. Als die Kunstlehrerin Miss Wright meine Zeichnung sah, fragte sie mich ehrlich, ob ich auf LSD sei. Ich konnte nicht aufhören zu lachen und dankte ihr dafür, dass ich Coltranes Musik so sehen konnte, wie sie wirklich war. Sie verstand nicht, wovon ich sprach, aber das war mir völlig egal. Sie hatte bewiesen, dass Coltranes Musik abgefahren war, und das war für mich damals super cool.

A Love Supreme“ bringt Jazzmusik an einen anderen Ort. Insgesamt ist die Platte ein großes, schönes, bedeutungsvolles Projekt. Auf diese Weise verbindet uns Coltrane mit seiner Welt und ermöglicht uns als Publikum, auch den Sinn unseres eigenen Lebens zu verstehen. Ehrlich gesagt ist es für mich überhaupt keine Jazzaufnahme. Wenn Sie es jemandem vorspielen würden, der nichts über Jazz weiß, würde er Sie höchstwahrscheinlich fragen, ob Sie ihm eine Art Meditations- oder Heilmusik oder so etwas vorspielen. Dies ist keine gewöhnliche Jazzplatte, auf keinen Fall. Teil 1 – „Acknowledgement“. Die Eröffnungszeile lässt mich jedes Mal erschauern, wenn ich sie höre. Da ist auch dieses Gefühl der Aufregung und Erwartung der Basslinie, die jeder auswendig kennen sollte. Diese Basslinienmelodie wird spirituell durch die gesamte Platte wiederholt. John Coltranes Melodie arbeitet darüber hinaus mit denselben melodischen Ideen, aber er treibt sie nach außen. Coltrane möchte jede einzelne Emotion erforschen, die möglicherweise ausgedrückt werden kann, und die Grenzen der Harmonie erweitern. Nach Coltranes weltveränderndem Solo hören Sie seine ruhige Stimme. Das ist wahrscheinlich das einzige Mal, dass Sie sie jemals hören werden. Coltrane ist ein ruhiger Typ und lässt die Musik für sich sprechen. Die Melodie endet perfekt mit dem Bass-Solo der spirituellsten Musikzeile.

Nächsten Monat werde ich meine Zusammenfassung dieser ikonischen Aufnahme beenden und darüber sprechen, dass Coltranes Musik nicht nur den Jazz beeinflusste, sondern weit darüber hinausging.

The John Coltrane Quartet


Saxophon – John Coltrane


Piano – McCoy Tyner


Bass – Jimmy Garrison


Schlagzeug – Elvin Jones

The Tracks


• Acknowledgement


• Resolution


• Pursuance


• Psalm

(Honest John, Januar 2015)

Autor: Honest John

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