Von Ruprecht Polenz, 21.08.2019

In einer Woche ist es so weit.

Dann heisst es wieder: Schule hat begonnen. Für 2700 Kinder in Münster wird es der erste Schultag sein.

Werden diese Kinder lernen, was sie später für ihr Leben brauchen?

Schließlich gilt seit den alten Römern der Satz: Nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir.

Als 1919 mit der Weimarer Reichsverfassung die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde, waren die Anforderungen des späteren Lebens wohl leichter zu definieren, als heute. Zwar veränderten auch damals neue Erfindungen wie Auto oder Flugzeug das Leben. Aber die Veränderungsgeschwindigkeit hat in den letzten Jahrzehnten dramatisch zugenommen. Internet, Digitalisierung und Miniaturisierung sorgen in einem Tempo für Veränderungen in unserem Zusammenleben, dass wir kaum noch mithalten können.

Einigermaßen verlässliche Prognosen darüber, wie unser Leben in 40 oder 60 Jahren aussehen wird, sind schlicht nicht mehr möglich.

Eine wesentliche Fähigkeit, die den I-Dözchen in ihrer Schulzeit vermittelt werden muss, ist also, sich auf neue Entwicklungen einstellen zu können. Das setzt nicht nur kognitive, sondern auch emotionale Fähigkeiten voraus. Denn wenn man sich nicht zutraut, mit Neuem fertig zu werden, nützen auch die besten Kenntnisse nichts. Selbstbewusstsein und Kreativität werden deshalb zu elementar wichtigen Lernzielen der Schule.

Wenn immer wieder neu dazu gelernt werden muss, gewinnt die Freude daran besondere Bedeutung. Neugier und die Lust, dazuzulernen, kommen also als Lernziele dazu.

Das wird nur klappen, wenn Schule auch Freude macht.

Die allermeisten Kinder fiebern ihrem ersten Schultag voller Erwartung entgegen. Die Schulen hätten schon viel erreicht, wenn sie diese Vorfreude erhalten könnten.

Um sich in der Welt zurecht zu finden, braucht man Informationen. Internet, Facebook, Twitter, YouTube, Google und ungezählte Online-Angebote haben die Zahl verfügbarer Informationen ins Unermessliche ansteigen lassen. Was davon ist wirklich wichtig? Welchen Informationen kann ich glauben? Wie finde ich Antworten auf meine Fragen? Medien- und Informationskompetenz sind Schlüsselqualifikationen für unser Leben in einer digitalen Zukunft.

Wir wollen unser Leben in die eigene Hand nehmen können und nicht fremdbestimmte Objekte sein. Eigeninitiative und Engagement müssen von kleinauf geübt werden. Dazu gehört auch das Engagement für andere und die Gemeinschaft. Staatsbürgerliche Bildung fängt in der Grundschule an.

Für keines der hier skizzierten Lernziele gibt es Zeugnisnoten. Nicht in der Grundschule, und später auch nicht. Noten gibt es für Mathematik, Deutsch, Englisch und Physik.

Diese und andere Zeugnisfächer sind wichtig, aber sie reichen nicht aus, wenn die anderen Lernziele in der Schule unter den Tisch fallen. - Ruprecht Polenz

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