Von Günter, 20.07.2016

ANNULUK/ KENNY GARRETT/ MATTHEW BARBER & JILL BARBER/ SUNBURST/ AHEO

Afrik. Wurzeln, karibisches Temperament

Für alle, denen die Bezeichnung ‚World Music‘ zu hirtentaschenmässig klingt, nehme ich bei passender Gelegenheit den Begriff ‚Global Pop‘. Ist genau so undifferenziert, deutet aber vielleicht etwas mehr auf das eher auf den Pop-Markt Zielen hin. Ganz klarer Fall für ANNULUK, bestehend aus Michaela Holubova als Stimme, Roberto Fratta und Alessandro Cerbucci an diversen Klangerzeugern und Elektronics plus gelegentliche Gäste. Das aktuelle Album „Big and Massive“ strotzt nur so von komplexen Ideen und eigenwilligen Sounds, für die neben dem Keyboard diverse Instrumente aus aller Welt eingesetzt werden. Wuchtige Beats, lange Melodiebögen und darin verwoben die Stimme von Michaela, die, wohl besonders auch wegen des ungewöhnlichen Rahmens, sofort an Björk erinnert. Falls die sich mal zur Ruhe setzen sollte, steht hier bereits eine würdige Nachfolgerin in den Startlöchern.
Er macht zwar nicht fleissig neue Platten, aber zur Ruhe setzen kommt für KENNY GARRETT sicher noch nicht in Frage. Als einer der höchstgeschätzten Saxofon-Spieler seit Charlie Parker versorgt er die Jazzwelt jetzt mit seinem „Do Your Dance“. In 9 eigenen Kompositionen für Combo-Grössen zwischen 3 und 6 führt er die Hörer durch seine Welt der Musik. Von uptempo Modern Jazz zu funky Grooves zu Rhythmen ausser-amerikanischen Ursprungs. Auch er hört die Welt und das spiegelt sich in Titeln, wie ‚Bossa‘, ‚Calypso Chant‘ oder ‚Persian Steps‘. Er steht im Zentrum, seine Begleiter haben allerdings ebenso genügend Raum und Möglichkeit zur Entfaltung. Keine leichte Kost, aber hochklassig dargeboten.


Kenny Garrett – unermüdlich

Sehr viel gemütlicher kommt da das Geschwisterpaar MATTHEW BARBER & JILL BARBER daher. Nach Jahren separater Laufbahnen legen sie jetzt gemeinsam ihr „The Family Album“ vor. Aus sanften, gefälligen Pop-Harmonien gepaart mit einer grossen Liebe zur ‚Old School‘ Country Music haben die beiden 11 Tracks zusammengestellt, zum Teil selbst komponiert, die anderen Titel von geschätzten Kollegen (Townes van Zandt, Neil Young), die das kleine Ensemble mit akustischen Instrumenten sehr lebendig interpretiert und von den Geschwistern wechselnd und auch zusammen gesungen werden. Das Kaminfeuer für den perfekten Genuss ist leider nicht im Lieferumfang enthalten.
Das Forschungsteam von STRUT, dem Label für Perlen der Vergangenheit, nicht nur aus Afrika, hat wieder was Wunderbares gefunden. SUNBURST hiess die Combo zur Aufnahme der „Ave Africa“ LP, und war hervorgegangen aus zwei Bands namens TFC und MOTO MOTO, wenn ich das richtig übersetze. Die Singles und Sessions dieser Vorläufer sind als 2. CD beigelegt, CD 1 ist das genannte Album, fein restauriert auf den Tonträger gebannt. Afro Beats, Ethiopian Jazz und feiner afrikanischer Pop. Ursprünglich aufgenommen 1976 wundert es mich nicht nur in diesem Fall, dass solche Musik vorher so gut wie nicht in unseren Breiten aufgetaucht ist. Für echte Geniesser übrigens auch als 4 LP Set!


Auf der Spur von Björk

Und noch ein bisschen Afrika, dieses Mal aber sehr aktuell und ausserdem gemischt mit Karibischem. AHEO (AFRO-HAITIAN EXPERIMENTAL ORCHESTRA) geben auf ihrem unbetitelten Erstling (so weit ich weiss) 8 dynamisch lebendige Mischungen Preis. Zusammengesetzt aus afrikanischen Rhythmen und karibischem Lebensgefühl. Mal aufwühlend offensiv, dann wieder lebensfroh in eindeutiger Feierlaune. So lange es Menschen gibt, die so musizieren und andere, die es wagen dies als Tonträger in die Welt zu bringen, mache ich mir um die Musik keine Sorgen.


na dann... Tschüß!
i.m.trend@muenster.de

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