Von Günter, 21.09.2016

LINEAR JOHN/ MONOCHROME SET/ ALLAN HARRIS/ BENNY GREB’S MOVING PARTS/ YELENA ECKEMOFF/ BRODERSEN WEINDORT QUARTET/ 10 YEARS DIYNAMIC

Für LINEAR JOHN und seine „Hits with a Twist“ weiss ich wieder einmal keine passende Schublade. Musikalisch tänzelt er mit seiner Band, den RAISING EYEBROWS zwischen dezent groovendem Souljazz der End 60er und etwas ausgefalleneren Sounds und Rhythmen der 20 Jahre danach. Am Anfang der Platte fielen mir Parallelen zu den Melodien von Lee Hazelwood ein, zu Ende hin eher die geradlinige Lyrik eines Ian Dury mit entsprechend knapper Untermalung. Ein ziemlich eigenwilliger, jedoch sehr kurzweiliger Trip durch mehrere Jahrzehnte ausgefallener musikalischer Unterhaltung.

MONOCHROME SET haben tatsächlich eine richtig neue Platte herausgegeben. Für „Cosmonaut“ haben sie sich nicht sehr verändert. Gelungene, runde Songs, die in der Instrumentierung etwas aus den 60ies gerettet haben und für das neue Jahrtausend genau so wenig modisch aufgepeppt wurden, wie wir es aus deren 80ern kennen. Am besten bleibt m/f sich selbst treu.

Etwas Jazz, ganz viel Soul!

Auch mit seinem neuen Album setzt sich ALLAN HARRIS wieder zwischen die Stühle. Der Vorgänger „Black Bar Jukebox“ ging seinerzeit im Hype um Gregory Porter ziemlich unter. Trotzdem setzt er seinen Weg unbeirrt fort. Aus dem Jazz inspirierter Gesang mit ganz viel Soul, unterlegt mit feinen Grooves, swingender Dynamik und gelegentlich triefenden Balladen. Da liegt der Vergleich zum berühmten Kollegen natürlich sehr nahe, aber mit „Nobody’s gonna love you better“ muss er sich keinesfalls hinter dem Kollegen verstecken.


Äusserst bewegliche Teile…

Drum Camps, Clinics und andere Lehrveranstaltungen sind nicht alles im Leben sagt sich BENNY GREB. Deshalb unterhält der Echo Preisträger auch noch ein eigenes Rock Jazz Trio. Damit niemand sagen kann: Ja, im Studio… legt er seine „Moving Parts“ jetzt in der Live-Version vor. Komplexe Rhythmen und Arrangements, heftige Sounds aus der Liga Mahavishnu Orchestra bis später King Crimson. Für den wirklichen Genuss sollte m/f in dieser Hörrichtung ein wenig trainiert sein.


Die nächsten beiden sind beinahe zu viel Kultur für den Schreibenden. YELENA ECKEMOFF’s „Leaving everything behind“ beschreibe ich als einen wagemutigen Spagat zwischen moderner Kammermusik und komponiertem zeitgenössischem Jazz. Ihr sehr eigenständiges Klavierspiel wird sensibel und pointiert begleitet und untermalt von Billy Hart, Ben Street und Mark Feldmann, der mit seiner Violine am auffälligsten zwischen den beiden genannten Polen wandelt. Fast 80 Minuten Kammerjazz von Könnern des Fachs.

Viel deutlicher dem modernen Jazz zugewandt ist „Traffic“, das aktuelle Album des BRODERSEN WEINDORF QUARTET’s. Das Ehepaar Brodersen/Weindorf (sie spielt Saxofon, er Piano) und seine Rhythmus gruppe fasziniert auf den 8 für die CD ausgewählten Titel durch ungewöhnlich enges, exzellent auf einander ab(ein-!) gestimmtes Zusammenspiel. Da braucht es keinen Gesang, um Stimmungen oder Gefühle eindeutig zu vermitteln, keinen Kopf der erklärt oder bestimmt. Alle Titel sind im Übrigen lang genug, dass sich jeder Musiker farbgestaltend einbringen kann. Auch hier gilt: Wirkt besser, wenn Erfahrung mit Jazz hören vorhanden.

Solomun & Kollegen spielen auf.

Zum Finale etwas Leichtes für das Tanzbein. Zum 10. Jubiläum gönnt sich das DIYNAMIC Label eine prima Werkschau als Doppel CD (oder 3 LP). Auf „10 YEARS DIYNAMIC“ gibt es 13 bislang unveröffentlichte Tracks von SOLOMUN und seiner Label-Family. Im Grunde alles geradlinige ‚4 to the Floor‘ aber eben nicht ‚Stomper‘. Klar, kräftiger Beat für den Kick in den Hintern, aber mit etwas Weichmacher. Liegt vielleicht (glaube ich zu erkennen..) an den ‚Old School‘ Synthies und den kleinen Melodien, die mich an allerbeste 80er Dancefloors erinnern. Musik, die von Fusswippen bis Abrocken, je nach Lautstärke, für alles geeignet ist, auch wenn m/f den jeweiligen Interpreten gar nicht kennt. Wir wollen keinen Star anhimmeln, sondern Klänge und Rhythmen, die uns die Schwerkraft leichter erträglich machen.


na dann... Tschüß!
i.m.trend@muenster.de

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