Von Günter, 23.09.2020

VAN DE FORST/ HELENE BLUM & HARALD HAUGAARD BAND/ CHUCK PROPHET/ GRANT LEE PHILLIPS/ RYMDEN

Homegrown Country Pop aus MS

Nun Ja, Münster ist nicht gerade die Hochburg für ‚grosse Hüte Sound‘, wie ich Country Musik gern bezeichne, aber sie lebt auch hier. VAN DE FORST nennt sich die Sängerin, die nach langer Vorbereitung und Training vor Ort (in Nashville) ihr erstes Album ganz nach ihrer Vorstellung von Country trifft Pop fertig gestellt hat. Alles drin und dran was es braucht, stimmliche Qualität, der richtige Tonfall, Banjo, Steel-Gitarre, ‚richtige‘ Instrumente und eine wirklich vollmundige Produktion. 13 Songs, entweder ganz selbst- oder zumindest mitgeschrieben, namhafte Musiker aus der US Pop- und Country Szene (kein Namedropping hier!), eingängige Harmonien, gelegentlich kernige Riffs und Soli, flottes Tempo und sensible Balladen. Plus eine klasse Duett-Version des Klassikers „We’ve got tonight‘. Tolle Leistung! Gibt es bisher leider nur im Stream, dafür aber auf allen gängigen Kanälen Falls „Unconditional“, so heisst das Werk, physisch (LP/CD) erscheint, gibt es hier eine extra Meldung.


Beide sind schon lange im Geschäft, gemeinsam gibt es bisher nur ein Album mit Winter-(Weihnachts-) Songs. Mit „Strommen“ liefern sie ein beeindruckendes Album mit (bis auf 1 Titel) selbst verfassten Songs im weiten Feld zwischen Singer/Songwriter*in und nordischen Folk-Melodien. HELENE BLUM & HARALD HAUGAARD BAND nennen sie ihr Projekt. Im Quintett (Gesang/Cello/Fiddle/Gitarre und Perkussion) mit Gästen an Kontrabass und Gitarre intonieren sie zurückhaltend, geben Helenes Stimme und den akustischen Instrumenten den richtigen Raum für den authentischen Klang lassen ihre meist melancholischen Weisen auf diese Weise umso mehr wirken.

Im Scherz habe ich ihn häufig den Vater von Tom Petty genannt, obwohl CHUCK PROPHET vermutlich der jüngere von beiden war und ist. Seit Green on Red Zeiten legt er regelmässig neue Alben vor. Massiven Erfolg hatte er bislang nicht, obwohl seine Songs den ohne weiteres verdient hätten. In klassischer Rockband-Besetzung, akustische Gitarre (wie Tom..) gern im Vordergrund und sich inhaltlich mit den Zuständen in seinem Heimatland nicht ohne Humor auseinander setzend, bietet sein „The Land that Time forgot“ 12 neue bemerkenswerte Tracks für die Freunde der Musik des am Anfang genannten, des Boss und sogar des ‚Zimmerman‘.

Gebeutelt, aber nicht gebrochen

Noch einer aus der ‚alten‘ Garde. GRANT LEE PHILLIPS legt bereits nach gut 2 Jahren eine neue Platte vor. Mit kleinem Besteck, Gitarre, Bass, Drums und vereinzelt Gästen lässt er uns in langsamem bis mittlerem Tempo an Erlebnissen und Erfahrungen seines Lebens teilhaben. Worauf der Titel „Lightning, show us your Stuff“ anspielt ist mir nicht ganz klar, aber ich bin immer wieder erstaunt, wie er aus eigentlich sattsam bekannten Akkorden so eindringliche Melodien strickt. Geradlinig, durchsichtig und in perfektem Einklang mit der textlichen Aussage. Er hat viel erlebt, nicht nur Positives, blickt zurück, auch auf Fehler, klingt aber nie reumütig oder gar verzweifelt. Eindeutig beste Veranda-Musik.


‚Raum‘-Gleiter in Musik

Im 2. Anlauf dehnen RYMDEN (die ‚Rhythmusgruppe‘ des Esbjörn Svensson Trios jetzt mit Bugge Wesseltoft an den Tasten) ihr Repertoire in die unterschiedlichsten Bereiche aus. Riffs, die auch einer Rockband gut stehen würden, unterbrochen und ergänzt durch improvisierte oder zumindest recht freie Passagen. Durch die Ergänzung ihres akustischen Instrumentariums mit elektronischen Mitteln lassen sie den Eindruck eines konventionellen Jazz-Trios erst gar nicht entstehen. In einem Dutzend sehr unterschiedlich langer (kurzer!) Titel geben sie einen tiefen Einblick in ihre Vorstellung von homogenem Zusammenspiel. Und bleiben dabei immer sehr Melodie verliebt. „Space Sailors“ erinnert mich bisweilen sehr positiv an den mittleren Weather Report, besonders in den balladesken Titeln. Lediglich ohne das markante Saxofon.


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Günter Günter

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