Von Günter, 18.08.2021

KUDSI ERGUNER & LAMEKAN ENSEMBLE/ WOLFGANG LACKERSCHMID/ MARTIN TINGVALL/ BARBARA LAHR/ KOOL & THE GANG

Für den ersten Tipp dieser Woche braucht es eigentlich eine Wortreiche Einführung. KUDSI ERGUNER & LAMEKAN ENSEMBLE klären mit dem Titel „Fragments des Cérémonies Soufi“ schon mal das Grundsätzliche. 75 Minuten ausgewählte Musik der bei uns so genannten ‚Wirbelnden Derwische‘. Klassische Klänge aus der Zeit des ottomanischen Reiches, instrumental und vokal, dargeboten von Meistern ihres Fachs auf den traditionellen Instrumenten. Im Booklet (besser Libretto, 80 Seiten+) gibt es umfassende Information in Englisch und Französisch zu Herkunft und Verständnis der Sufi Musik. Für Interessierte essentiell.

Wolfgang Lackerschmid – Schon lange dabei

Auch schon fast Tradition, nicht nur wegen seines ‚Baujahrs‘, sondern weil er schon so lang als hervorragender Vibraphonist einen besonderen Ruf geniesst. Auf seinem aktuellen Album „Summer Changes“ spielt WOLFGANG LACKERSCHMID im Quartett mit Piano, Bass und Drums. In sieben eigenen Titeln plus der Adaption von V. Cosma’s ‚Rosemary’s Baby‘ gibt er dem klingenden Metall Gelegenheit zu glänzen. Allerdings erweckt die Musik nie den Eindruck, die Herren Begleiter M.Soskin, J. Anderson und A. Nussbaum wären nur Statisten. Sie gestalten die überwiegend langsamen Titel gleichberechtigt und beeindrucken durch ihre präzise und kreative Spielweise. Moderner, ich möchte fast sagen, zeitloser Jazz, dezent swingend eingespielt an drei Sommertagen in 2018 von sensiblen Musikern, die genau wissen, welchen Ton sie wann weglassen.


Martin Tingvall – Piano solo

Es wird weniger. Tipp eins wird von 11 Musikern erzeugt, Tipp zwei von vieren, Tipp drei macht MARTIN TINGVALL ganz allein. Sein 4. Solo-Werk füllt er mit 13 neuen, wohlklingenden Momenten. Hochmelodiös jedoch ganz ohne Kitsch, eingängig aber mit kleinen Widerhaken und jeweils nicht zu lang, sagt er uns optimistisch mit „When Light returns“, dass nach jeder dunklen Phase irgendwann die Sonne zurück kommt. Warnung an die KonsumentInnen: Das Produkt kann Elemente klassischer Piano-Musik, Spuren nordischer Melodien und gut eingewobene jazzige Improvisations-Kunst enthalten.


Barbara Lahr – Mein Schönheit der Woche

Was lange währt wird endlich gut. Nach beinahe 10 Jahren kommt neue Musik von BARBARA LAHR. M/F kann ihre Stimme kennen aus dem Vokal-Zentrum von De-Phazz. Davon ist ihr eigenes Schaffen jedoch weit entfernt. Ihr „Kintsugi“ hat sie im Alleingang vorproduziert, finalisiert mit dem Gitarristen Bernhard Sperrfechter, der mit dem klaren, elektrischen Klang seines Instruments kleine melodische Verzierungen und rhythmische Betonungen hinzufügt. Von ruhig fliessendem Song über Blues- und Soul-gefärbtes zu dezenten Dub-Grooves bringt sie vieles ihrer musikalischen Vorstellungen ein. Anstelle eigener Texte intoniert sie mit ihrer wandlungsfähigen Stimme Gedichte von E. Dickinson, W. Blake, H. Wadsworth Longfellow und W.C. Williams, deren philosophische Inhalte die sparsame, zeitlupenartige Musik gehaltvoll ergänzen. Meine Schönheit der Woche. Diese knapp 30 Minuten intimer Musik gibt’s als CD und für Sammler auch als 10“ Vinyl EP.


Als wäre nichts passiert und mindestens 35 Jahre nicht vergangen. „Perfect Union“ heisst das neue Album von KOOL & THE GANG . Die 10 neuen Songs, inkl. einer Rap-Version klingen absolut wie früher. Eingängige Melodien, geschmeidiger, vielstimmiger Gesang, fette aber nicht zu heftige Grooves und die gewohnt zackigen Bläser. Ist wie eine neue Platte von AC/DC bis Dire Straits, zwar kein wirklich neuer Ton drauf, aber immer wieder gern gehört.

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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