Von Günter, 19.01.2022

RENAUD GARCIA-FONS/ ANDREAS THEOBALD/ LE COMMANDANT COUCHE-TOT/ CHICHA POPULAR…/ LUCIA DE CARVALHO/ OGUN

Renaud Garcia-Fons – Renaud Garcia-Fons-Saitengenuss

Auf den Kochbuch-Markt zielt diese Seite nicht, auch wenn der Titel des ersten Werks heute „Le Souffle des Cordes“ lautet. Hier spielt der Kontrabass Virtuose RENAUD GARCIA-FONS im Oktett mit 7 weiteren Saiten-Instrumenten: 2 Violinen, Viola, Cello, Gitarre, dazu Kemence und Kanoun, die aus der arabisch-türkischen Klangwelt stammen. 10 äusserst lebendige Kompositionen beeinflusst von den Klängen rund ums Mittelmeer, die das ‚Kammer-Ensemble‘ mit viel Schwung und sogar ein wenig ‚Pop-Appeal‘ umsetzt und die Grenzen zwischen Kontinenten und Schubladen im wahrsten Sinne spielend überwindet.


Ebenso betörend schön klingt „Movimiento“, das ANDREAS THEOBALD und sein Trio plus Gäste an Sax oder Trompete auf 2 Titeln veröffentlicht haben. Er findet warm (nicht kitschig!) klingende Tonfolgen auf seinen Tasten, Bass und Drums begleiten ihn dezent (nicht langweilig). Selbst in den offensiveren Momenten wird der optimistisch-freundliche Gesamteindruck nicht ausgebremst.

Auch wenn es schon das 2. Kapitel seiner Abenteuer ist, mir ist LE COMMANDANT COUCHE-TOT kein Begriff. Genauso wenig, wie „Une Histoire d’Amour Brasilienne“ eindeutig nach Brasilien klingt. Vielmehr verbindet er in seiner Musik Funk, Soul, Disco mit jazzigen Elementen, mit anderen Worten, klingt nach 80er Black Music (E.W.&F., Bros. Johnson..), gespielt auf ‚richtigen‘ Instrumenten. Eigentlich nur 4 Titel, für LP und CD (ist mehr drauf) ergänzt um Remix-Versionen renommierter DJs/Mixer, die den 4 Tracks in 7 Varianten den letzten Dancefloor-Schliff verpassen.

Chicha Popular.. – Chicha Popular..-Cumbia für alle!

Hinaus in die Welt: Vom Volk für das Volk, das haben auch schon andere behauptet. Auf „CHICHA POPULAR-LOVE & SOCIAL POLITICAL SONGS 1977-1987“, gesammelt aus dem Archiv des wiederbelebten Labels Horoscopio, trifft das auf jeden Fall zu. Diese Pop durchsetzte Variante der Cumbia entstand in den Hinterhöfen von Lima und infizierte von dort das gesamte Peru. Gemischt aus dem traditionellen Rhythmus, der weit gefächerten Folklore der Anden und gespielt auf elektrifizierten Instrumenten widerlegt die CD/2LP farbenfroh die Behauptung, dass alle Cumbias gleich klingen. Quirlige Gitarren, Orgel untermalt, vielhändige Perkussion und Gesang, der nicht auf allen Titeln garantiert frei ist von Kinderarbeit. Lebensfrohe Schlager (Texte verstehe ich zu wenig), besonders im Vergleich zu heimischen solchen, mit einem Rhythmus, der niemanden still sitzen lassen kann.


In diesem Fall ja, call it World Music. Geboren in Angola, als Kind ausgewandert nach Portugal, dann weiter in eine Patenfamilie im Elsass und dort infiziert mit der Musik Brasiliens. Aus diesem Hintergrund gestaltet LUCIA DE CARVALHO ihre Musik. Zusammen mit Partner Edouard Heilbronn entfesselt sie auf „Pwanga“ ein Feuerwerk aus perkussionsgetriebenen Rhythmen, die den erwarteten Afro-Brasil-Klängen Würziges von Asien über Marokko zu Gospel hinzufügen. Ungebändigt, dynamisch, aus den Tiefen ihrer Erfahrungen.

Ogun – Ogun-Afrobeat vom Feinsten

Afro-Beat vom Feinsten bieten OGUN auf deren „Unite“. 10 Musiker, davon 5 Bläser variieren den Groove. Dazu noch eingeladene Stimmen und Flötisten. In mindesten 3 Sprachen/Dialekten verbreiten sie ihre Botschaft über dem fliessenden Rhythmus, geben den Bläsern viel Raum und beherrschen den Wechselgesang genauso wie die an den richtigen Stellen eingebauten Breaks. Spätestens wenn der Refrain ‚Afro-Beat goes Mambo“ lautet fällt auf, dass die MusikerInnen ausser auf Fela’s Erbe ihre Augen und Ohren auch in andere Richtungen geöffnet halten. Perle.


Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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