Von Günter, 25.05.2022

VITALII KYIANYTSIA TRIO/ LYNN ARRIALE TRIO/ MARCO MEZQUIDA/ ANDREA MOTIS/ MODERAT/ PM WARSON/ TIM ALLHOFF

Zum Start in dieser Woche 3x Jazz im Trio und dem/der NamensgeberIn an den Tasten. Die handwerklich raffinierteste Variante liefert das VITALII KYIANYTSIA TRIO und seinen „Last Days of Spring“. Lyrisch kann es auch, das Gewicht liegt jedoch auf weniger konservativen, mehr abstrakten Konstruktionen und die Rhythmen erinnern gelegentlich an Rock-Jazz Zeiten.

Das LYNN ARRIALE TRIO setzt sich auf „The Lights are always on“ mit den lebensverändernden Ereignissen der letzten 2 Jahre auseinander. Mit den 10 selbst komponierten Titeln ehrt sie HeldInnen nicht nur dieser Zeit in meist gefühlvollen Balladen, in denen sie ihre melodischen und stilistischen Fähigkeiten (ist ihre 16. Platte..) nicht nur dezent durchscheinen lässt.

Das Trio von MARCO MEZQUIDA ist mit Cello und Perkussion/Drums anders besetzt. In den 16 eher kurzen Tracks (53 Min. gesamt) seines Briefes an seinen Sohn, „Letter to Milos“, bringt er die grösste Menge an beinahe Pop Melodien dieses Triplets ins Spiel. Das Cello wird überwiegend gezupft, á la Kontrabass und der Drummer begleitet mehr die Melodie, als dass er Rhythmus vorgibt. Alle 3 gehen wunderbar einfühlsam miteinander um.

Andrea Motis – Frisch trotz Routine!

Eine ordentliche Portion spanischer Dynamik und ein gesundes Verhältnis zum Popsong legt ANDREA MOTIS mit ihren „Loopholes“ an den Tag. Von ihren Gesangslinien von sanft bis streng lässt sie sich von der Combo, die sehr jazzig spielt, nicht abbringen, antwortet mit ihrer Trompete, schliesst sich dem Verlauf des Songs an oder gibt ihm eine Wendung. Intoniert von Git., Violine, Mandoline, Bass, Keys und Drums klingt diese Werk (leider nur CD) frisch und unverbraucht, obwohl sie schon lange im Geschäft ist. Bei Gefallen: Seit Anfang des Jahres gibt es sie im Zusammenspiel mit der WDR BigBand, und das auch auf Vinyl.

Was mir an MODERAT gefällt? Sie lassen sich weder von der eigenen Elektronik noch von Tanzboden- oder Streaming-Erfolgen anderer Acts davon abbringen ihrem ureigenen Pfad zu folgen. Auch „More D4ta“ ist wieder gefüllt mit den etwas schroffen Sounds ihrer Klangwelt. Wenn es dann doch mal tanzbarer wird, hält das nicht lange an bis zur Demontage, dezent und wohlklingend können sie sowieso auch!

PM Warson – Bluesig ohne gegniedel

Bei seinem Erstling habe ich schon aufgehorcht. Jetzt folgt PM WARSON’s zweite Platte „Dig deep repeat“. Basierend auf Rhythm’n’Blues der 60er entfaltet er seine Vorstellung von authentischer Musik. Handgemacht, analog produziert und ohne Tricks und doppelten Boden flicht er Rock Elemente ein, arrangiert Bläser wo es sinnvoll ist, besucht die Swamps, kennt den Spoonful, Twang und selbst Under the Boardwalk ist niemand sicher vor seiner direkt abgestrahlten Energie. Für alle, die bei Blues nicht an endlose Gitarren-Soli denken eine Entdeckung.

Tim Allhoff – Ohne passende Schublade

Auf „Morla“ zeigt TIM ALLHOFF eine andere Seite. Als Pianist im Jazz ist er anerkannte Grösse, das aktuelle Werk ist Resultat seiner klassischen Ausbildung und seiner Offenheit für das Medium Musik. Eigene Kompositionen, Adaptionen und oder Erweiterungen von Werken grosser Meister (Bach, Schumann, Mendelsssohn-B.), dazu ein Evergreen. Fast im Alleingang, auf einzelnen Titel begleitet von Violine oder Streichquartett schafft er Spannung und Stimmungen mit denen er bei den Hörenden Emotionen auslöst. Durchaus komplex, jedoch absolut friedvoll und mit positiver Ausstrahlung. Nur schöne Musik, ohne Schublade.

Archivtexte Ohrenschmauch

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