Von Günter, 05.10.2022

JOSE DIAZ de LEON/ PETER PROTSCHKA/ KATERYNA OSTROVSKA/ CONNIE HAN/ SAM REDMORE/ JAZZ ORCHESTRA OF THE CONCERTGEBOUW/ BLACK JESUS EXPERIENCE/ HORACE ANDY/ hallo 22/ JAN BANG & DAI FUJIKURA

Jose Diaz de Leon – Gypsy Swing goes Latin

Weiter geht es mit den Massenstarts. Eine frische Brise lässt JOSE DIAZ de LEON mit Hilfe von Sven Jungbeck und Bassist Juan Camilo Villa Robles durch den Gypsy Jazz wehen. Auf Cumbia, Cha Cha, Bolero, Bossa und weiteren eher Latin Rhythmen zelebrieren sie ihre Handwerkskunst auf den 6 Saiten, erfrischen 9 Titel, komponiert von Reinhardt/Grappelli, auf „Django Latino“ und ergänzen sie mit 4 eigenen Gewächsen. Feine Idee, den ‚Swing‘ mal ganz anders zu interpretieren.

Statt Bass gibt’s auf PETER PROTSCHKA’s neuer CD eine Hammond Orgel. Plus Drums und Sax erarbeitet der Trompeter mit dem Team einen Sound, der zwar sofort an die Orgel Trios der 60er erinnert, in Arrangements und Spielweise aber ganz klar modernem Jazz zuzuordnen ist. „Organic Universe“ stellt die Hammond nicht nach vorn, sie macht mit ihrem fast orchestralen Sound das Klangbild rund und ‚fett‘.

Kateryna Ostrovska – Jiddischkeit trifft die Welt

Eine ungewöhnliche Mischung aus jiddischen Liedern und Gedichten präsentiert KATERYNA OSTROVSKA auf der CD „Blondzhendike Lider“. Ganz ohne zu erwartende Klezmer Klänge, dafür mit einem Riesen-Aufgebot an musikalischen Helfern. Piano geführte Balladen, Arrangements für grosses Orchester, brasilianische Rhythmen, authentisch gesungen; ein gelungenes Bild, wie kulturelle Überlieferungen an jedem Platz der Welt interpretiert werden könn(t)en ohne ihren Ursprung zu verleugnen. Wundervoll!

CONNIE HAN, „Secrets of Inanna“, exzellente junge Pianistin im Trio mit Drums und Bass, auf wenigen Titeln angereichert mit Flöte oder Sax. Erinnert mich an früh70er ECM Piano Jazz. Die tiefen Töne liefert John Patitucci, das macht die CD zusätzlich hörenswert.

Sam Redmore – Groovt durch alle Stile

Für das Tanzbein sorgt in dieser Woche SAM REDMORE. Der Titel „Universal Vibrations“ trifft es ziemlich genau. Von French House über Afro, Latin, Karibisches hin zu Disco arbeitet er auch alles dazwischen in seinen 11 Titel langen Kosmos ein. Mit unterschiedlichen Stimmen, gesungen, gerapt oder auch mit NO Brass Band kriegt jeder Track seine individuelle Farbe. Kurzweilig und entdeckenswert.

17 Mann zählt das JAZZ ORCHESTRA OF THE CONCERTGEBOUW und existiert seit mehr als 20 Jahren. Auf „Threnody“ spielt diese wirklich Big Band ausschliesslich Kompositionen von Jim McNeely. Geschrieben, arrangiert und selbst die Soli den ausführenden Musikern quasi auf den Leib zugeschnitten, zeitlos modern, dynamisch, von Full Force bis Ballade. Ein Fest.

Dagegen ist die 10er Besetzung der BLACK JESUS EXPERIENCE ja fast eine Klein-Combo. Mit ihren 8 Gästen kommen sie jedoch auch auf eine ordentliche Spielstärke. Afrikanisch-stämmige Stimmen ergänzen die vielhändige Bandarbeit von Rhythmusgruppe, Saiten und Bläsern, die einen superflüssigen Mix aus Momenten Afro-Ursprungs und ‚Bushmen‘-Abstammung erzeugen, der nicht weit vom Spiritual Jazz entfernt ist, aber bei aller Entspanntheit immer auch ein Auge auf einen feisten Groove hat. „Good Evening Black Buddha“ kommt als CD und Doppel-LP, natürlich von AGOGO.

Nur 5 Monate nach ‚Midnight Rockers‘ legt das Label „Midnight Scorchers“ nach, ausgefallene Tracks der Rockers und alternative Versionen/Mixes. ON-U mässige Tiefbässe, zusätzliche Sounds und HORACE ANDY’s unverwechselbare Stimme.

Zu „HALLO 22“, von Max Herre und Dexter generierte Zusammenstellung mit Funk- und Soulmusik der DDR der 70er Jahre. Gekonnte Kompositionen, hervorragende Arrangements und erstklassige Stimmen und Musiker. Interessant, aber ich bleibe meinem alten Gefühl treu: Die meisten white Men können nicht jumpen.

Müssen sie nicht, JAN BANG & DAI FUJIKURA schweben auf abstrakten synthetischen Sounds ohne Rhythmus durch die Welt. Unterstützt von den üblichen Verdächtigen Eivind Aarset und Arve Henriksen. Und stürzen nicht ab!

Archivtexte Ohrenschmauch

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