Von Günter, 12.10.2022

RAY ANDERSON/ MAMA‘S BROKE/ EDI KÖHLDORFER/ BART PLUGERS/ C’AMMAFUNK/ MATTHIAS BUBLATH/ COUNTDOWN TO…SOUL 2/ THE FIXX/ STERZINGER V

A man alone with his Bone. Oder so ähnlich. Nach der Pocket Brass Band vor genau einem Jahr arbeitet RAY ANDERSON auf „Marching on“ ganz allein. Posaune solo. Auch wenn er neben eigenen Ideen Titel vom Art Ensemble über Coltrane zu Mancini intoniert, absolut keine leichte Kost.

Amy Lou Keefer und Lisa Maria, zwei Multi-Instrumentalistinnen auf Gitarre, Mandoline, Banjo, Fiddle und beide mit überzeugenden Stimmen ausgestattet, firmieren unter MAMA’S BROKE und spielen auf „Narrow Line“ 11 eigene Kompositionen, stark angelehnt an traditionelle Folk-Musik der USA. Vereinzelt unterstützt von Kontrabass oder Dobro erinnern mich besonders die Fiddle Einsätze stark an Irisches.

Den Ton auf seinem „The Riddance“ gibt eindeutig Gitarrist EDI KÖHLDORFER an. Mindestens ausreichend Abwechslung garantieren allein schon die wechselnd grossen (von 3 bis 10) und z.T. aus Asien bzw. Afrika stammenden HelferInnen auf den 10 Tracks. Also trotz viel und raffiniert Gitarre ein breit gefächertes Spektrum seiner Vorlieben.

Die Reihe ‚Jazz Thing Next Generation‘ stellt unter Nr. 94 einen ausgesprochen ungewöhnlich singendes Talent vor. Zu Sax, Vibrafon, Piano, Bass und Drums lässt BART PLUGERS seine Stimme erklingen. Nicht als glänzender Entertainer, sondern als Jazz-Musiker mit einer sehr konkreten Vorstellung. Von beinahe sakralen Klängen über melodisch angelegte Titel zu freien Passagen, mit Worten oder auch ohne, zeigen er und seine dem Album den Titel gebende Band „Blossom and Blasphemy“, dass Vokal-Jazz absolut nicht an das Great American Songbook gebunden ist.

C‘ammafunk – Funk from Italy

Mit einem Ohr in der Vergangenheit (JB’s, P-Funk, Av. White Band, Jazz-Funk) und einem klaren Blick nach vorn liefern die italienischen C’AMMAFUNK ein feuriges Debut. Der Albumtitel „Bouncing“ ist kein Schwindel. Mit 5er Grundbesetzung und eingeladenen Bläsern bietet dieses Kollektiv feiste Grooves, gekonnte solistische Einlagen und deutlich dem Jazz zugewandte Spielweise. Für Funk- und Soulfans, die nicht nur dem Gestern nachtrauern.

Matthias Bublath – Sehr amerikanisch!

Pianist MATTHIAS BUBLATH, den ich eher aus grösseren Ensembles kenne, klingt mit seinem Trio auf „Orange Sea“ amerikanischer, als m/f von hiesigen Jazzern erwartet. Anspielungen auf grosse Komponisten vor ihm, erhält er sich in seinen Werken den solistischen Freiraum, umgarnt, unterstützt und herausgefordert durch die variable und fast intuitiv harmonierende Rhythmusgruppe. Melodie, Rhythmus, Improvisation aus der Tradition, durchsetzt mit austrainierter moderner Artikulation.

Kein Etikettenschwindel: „COUNTDOWN TO…Soul 2“ enthält genau das. Die Tramp Records Crew hat wieder einmal ein Doppelalbum mit verschollenen Perlen zusammengestellt. SängerInnen, Combos, Seelenverwandte aus früheren Zeiten, mit überzeugenden Songs, Balladen und Krachern, überraschenden Cover-Versionen, kurz gesagt, trotz Alters sehr lebendiger Musik. Nicht nur für Fans!

THE FIXX haben bereits Anfang Juni Die CD „Every 5 Seconds“ veröffentlicht. Jetzt folgt das Vinyl. Ein ‚Burner‘ wie seinerzeit ‚Less Cities..“ ist nicht drauf, aber 10 neue, kraftvolle Songs einer Combo, die in 40 und mehr Jahren in Würde gealtert ist und nichts von ihrem Biss verloren hat.

Sterzinger V – Sarkastisch; surreal, schräg

Mit Akkordeon, Bassklarinette, Gitarre, Bassgeige und Schlagzeug sind STERZINGER V so ungewöhnlich besetzt, wie die Musik klingt. Ob jazziger Swing, Latin-Rhythmen oder Tango, sie drehen alles sehr gekonnt durch ihren individuellen Wolf. Dabei vertonen sie in sieben Schritten Gedichte, Texte der Schriftstellerin Elfriede Gerstl. Sarkastisch, mit schrägem Humor, surreal, mit der entsprechenden Musik versehen auch nach mehrfachem Hören ein grosses Vergnügen. Zumal es auch musikalisch handwerklich nichts auszusetzen gibt.

Archivtexte Ohrenschmauch

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