Von Günter, 23.11.2022

CURD DUCA/ MARCUS KLOSSEK ELECTRIC TRIO/ ANDREAS PIENTKA TENTET/ EMMET COHEN/ THE BOTTOM LINE/ BRUCE SPRINGSTEEN/ BLACK SABBATH

Curd Duca – Abstrakt aber fliessend

Der ‚Waschzettel‘ zur Platte braucht DIN A4 in extra klein gedruckt, ich versuche eine kurze Zusammenfassung. CUR DUCA legt mit „Waves 3“ den letzten Teil seiner Trilogie, die er nach 20 Jahren Pause in 2020 begonnen hat vor. Einer der führenden Elektroniker der 90er setzt hier seinen experimentellen, abstrakten Ansatz fort. Umweltgeräusche, ungewöhnliche Instrumente, verfremdet und auch nicht, dazu digitale Klangerzeuger, gesampelt, geschnitten, gemixt und alles zusammen in eine doch erstaunliche hörbare Reihenfolge gesetzt. Ist mir für alle Tage zu abstrakt, aber mal zum Gehörgänge spülen genau richtig.

Entgegengesetzt meiner Erwartung rockt das MARCUS KLOSSEK ELECTRIC TRIO nicht dynamisch laut und ungestüm durch seine „Tales from the Edge“. Vielmehr gibt es hier eine dezent aber stabil groovende Rhythmusgruppe hinter einem Gitarristen, der die durchkomponierten Eigengewächse mit detailliert ausgearbeiteten Ton- und Akkordfolgen in unterschiedlichen Klangvarianten bereichert. Ein äusserst vielseitiges ‚Gitarrenalbum‘ in 10 Variationen.

Schon fast eine Bigband, 10 Mann plus Dirigent und 1x Trompete und Flöte als Gast. Alle zusammen führen „Tiefe Nacht“, die wenn m/f so will, 5-teilige Sinfonie für Jazz-Combo des ANDREAS PIENTKA TENTET auf. Die 7 Bläser sorgen für die eindeutige Einordnung zu Jazz, auf der variablen Basis aus Piano, Bass und Drums und lassen in solistischen Ausflügen und Improvisationen auch keinen Zweifel daran aufkommen. Fulminant mit ordentlich Druck oder auch ganz sensibel balladesk, dem Dirigenten gilt grosser Dank für die punkgenaue Umsetzung der grossen Arrangements.

Emmet Cohen – Neo-Traditionalist?

EMMET COHEN ist der wohl angesehenste Pianist seiner Genration. Mit seinem Trio verbindet er auf „Uptown in Orbit“ sehr geschickt Tradition und Moderne. Unter den 11 Tracks des Albums befinden sich neben den Eigenkompositionen Interpretationen von Titeln eines G.Mulligan, C. Walton und D. Ellington. Die Stride-Solo-Piano Nummer von Willie ‚The Lion‘ Smith arrangiert das Team für zusätzlich Bass und Drums. Auf 5 der 11 Track erforscht das Trio erweiterte Ausdrucksmöglichkeiten durch den Einsatz von Trompete und Sax. Swingt und fliesst mit der faszinierenden Chemie des Trios und macht diese zur Vorzeige-Combo eines neo-traditionellen Jazz.

The Bottom Line – Nicht Jazz aber echt

Ziemlich frei in Form und Ausdruck forschen sich Johannes Elia Nuß an den Trommeln und Francis Lating an Tasten und Stimme als THE BOTTOM LINE durch die 10 Titel ihres „Forgotten Stars“. Sie frönen nicht der Tradition, sondern spiegeln in ihrer Musik die Zerrissenheit der Welt, die Verunsicherung durch sich permanent verändernde Lebensbedingungen, versuchen für sich und die Hörenden eine Vision, vielleicht Orientierung zu schaffen. Dabei trommelt Elia genauso unkonventionell, wie Francis die Tasten klingen lässt und vor allen Dingen singt. Nicht Jazz, nicht schön, aber unbedingt echt und ehrlich. Sollte m/f sich drauf einlassen!

Hat er doch gar nicht nötig, sich mit fremden Federn zu schmücken und sich in eine Reihe zu stellen mit Rod Stewart oder Seal. Wesentlicher Unterschied zu den Vorgenannten: Er intoniert für sein „Only the strong survive“ nicht ausschliesslich weltbekannte Chart-Erfolge, sondern BRUCE SPRINGSTEEN dringt mit seinen Helfern nennenswert tiefer in die Materie der Rhythm’n’Soul Musik der 60er/70er vor.

Und noch 2 aus der Abteilung Alt-Metall. Die ersten beiden BLACK SABBATH Alben nach dem Weggang von Ozzy, „Mob Rules“ und „Heaven and Hell“, gibt’s jetzt als Doppel CD Neuauflagen mit Bonus-Tracks und Konzert-Mitschnitten. Alt ja, aber nicht verrostet!

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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