Von Günter, 30.11.2022

FISCHERMANNS ORCHESTRA/ MACIE STEWART/ SVANEBORG KARDYP/ SEBASTIAN PESZKO/ FRANCO AMBROSETTI/ NATHAN JOHNSTON & THE ANGELS OF LIBRA/ SANTA’S FUNK & SOUL CHRISTMAS PARTY 4

Fischermanns Orchestra – Wilde Schweizer

Zu Beginn gleich die ‚schärfste‘ Musik der Woche. Vielleicht spielt der Name der Gross-Combo, FISCHERMANNS ORCHESTRA, darauf an. Allein 6 Bläser sind schon reichlich, plus Keys,b,g, Drums und Extra-Basstrommler macht 11 Köpfe. Und die kennen keine Skrupel. Mit angedeuteten Marching Band Sounds über freies Zusammenspiel zu Big Band Bläsersätzen und komplizierten uptempo Tonfolgen à la FZ bietet das Ensemble ein breites Spektrum an überzeugenden musikalischen Spezialitäten. Mit Humor und Spielfreude, ganz ohne Schere im Kopf.

Gemessen an Joni verlieren sie fast alle. Aber im Gestern hängen bleiben hilft niemandem. Das tut auch MACIE STEWART nicht. Auf ihrem „Mouthfull of Glass“ zeigt sie in zurückhaltenden Songs emotionale Tiefe und Ehrlichkeit, überwiegend im langsamen Tempo reflektiert sie über sich und den Zustand von Welt und Beziehungen. In bester Tradition der frühen Platten der Erstgenannten schafft sie es, in den 10 Songs genauso unverwechselbar zu klingen. Chapeau!

Mit einer ausgesprochen wohlklingenden, entspannten Darbietung setzt das Duo SVANEBORG KARDYP seine Entwicklung auf dem 3. Album „Over Tage“ fort. Kleine Melodien, deren Herkunft nicht exakt zu bestimmen ist, mit Piano/Synthi und Drums bzw. Perkussion in Minimal-Manier entworfen und ohne harmonische Brüche sich bis zum jeweiligen Ende entwickeln lassen. Fein gewebte Strukturen und der Mut zur Lücke, Töne wirken lassen, verleiht der Musik einen fesselnden Charme, den die beiden Herren über die gesamte Spielzeit aufrecht erhalten. In diesem sparsam inszenierten Spannungsfeld zwischen Komposition und Improvisation finden sich Anklänge an überlieferte Melodien, liedhafte Tonfolgen, abstrahiert und im Sinne von Spiritual Jazz in 10 eher kurze Preziosen verwandelt.

Deutlich lebhafter zeigt sich SEBASTIAN PESZKO auf seiner „Journey“. Auf Violine oder Bratsche führt er seine akustische Band von der Puszta nach Irland, mischt eigene Kompositionen mit Werken von Grieg über Django Reinhardt zum amerikanischen Songbook. Mit passendem Schwung und hervorragenden Instrumentalisten an seiner Seite gelingt ihm eine sehr kurzweilig unterhaltsame musikalische Rundreise.

Das Schweizer Jazz Urgestein FRANCO AMBROSETTI erfüllt sich mit „Nora“ einen lang gehegten Traum. Erstklassige Mitstreiter (Scofield, Caine, Colley, Erskine), und ein ganzes Orchester, arrangiert von Alan Broadbent, schaffen den dezenten Hintergrund für Francos weichen Flügelhorn-Ton, mit dem er 2 eigene Titel und 6 weitere aus fremder Feder überzeugend intoniert. Ausgewählte Balladen, die er mit seinem Horn wie ein Sänger gestaltet. Von pathetisch bis überraschend dynamisch, dabei perfekt unterstützt durch die ausgeklügelte Orchesterarbeit und die exzellenten Sidemen.

Nathan Johnston &… – Feines aus Hamburg

NATHAN JOHNSTON & THE ANGELS OF LIBRA, in Hamburg ansässig, beeindrucken mit ihrem gleichnamigen Album. Auffällig ausdrucksstarker Sänger, auf den Punkt arbeitende Band, auf den ersten Blick nach Retro-Soul klingend, entpuppt sich die Platte nach und nach als zeitlose Variation dieses Themas. Geschickt eingeflochtene Bläser- oder Streicher-Ornamente und Harmonien die eher nach Prefab Sprout klingen als nach Sam & Dave heben das Album sehr deutlich aus dem Genre-Mainstream. In dieser Woche meistgespielt.

Santa’s Funk & Soul… – Jetzt geht’s ab!

Hier ist sie, die diesjährige ultimative ‚die alten Eltern und oder die Kids schlafen-jetzt wird gefeiert‘ Weihnachtsplatte. Die Damen und Herren von Tramp Records haben tatsächlich noch ein weiteres Exemplar für die „SANTA’S FUNK & SOUL CHRISTMAS PARTY“ zusammengestellt. Auch die bereits 4. Folge enthält keine Filler. Diverse Stile, Sounds und Stimmen, auch mal mit etwas weniger Drive, entfalten diese Rare Grooves auch nach vielen Jahren unentdeckt im Archiv immer noch ihren Reiz. Ob als CD oder Doppel LP.

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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