Von Günter, 26.07.2023

SISSOKO SEGAL PARISIEN PEIRANI/ CHERISE/ NENAD VASILIC/ ANNA MARGOLINA/ AS MADALENAS

Beinahe hätte ich mich hinreissen lassen zu einer polemischen Bemerkung über die bayerischen Repräsentanten auf der politischen Bühne. Verworfen. Die disqualifizieren sich selbst am besten.

Sissoko Segal…. – Ganz oder gar nicht!

Diese schiebe ich schon länger vor mir her. SISSOKO SEGAL PARISIEN PEIRANI haben ihr „Les Egares“ bereits im Frühjahr veröffentlicht. Diese vier harmonieren mit Kora, Cello, Sax und Akkordeon, als wären sie eins. Melodien und Tonfolgen, die weder Jazz noch ‚World Music‘ sind, nach Morgenland und Abendland klingen, entwickeln trotz hoher Fingerfertigkeit und gelegentlich flottem Tempo der Ausführenden eine absolut beruhigende Faszination. Muss m/f ganz und am Stück hören, ein paar Sekunden Trailer sind verschwendete Zeit.

Auch die neuen Songs von CHERISE passen so recht in keine Schublade. Sie schreibt ihre Songs selbst und singt sie mit unwiderstehlicher Stimme. Dabei bewegen sich die Arrangements zwischen Singer/Songwriter und modernem Soul Background ohne die üblichen modernen Klischees zu bedienen. In 12 Titeln, unterstützt von sowohl konventionellen als auch programmierten Instrumenten zeigt sie, wer sie ist, in meist mittlerem Tempo oder wundervollen Balladen. Nicht der populäre Seelen Striptease, eher reflektiert über Dinge, die sie bewegen und beeinflusst haben. Schön zu hören.

Nur 2020 hat er ausgesetzt, ansonsten gab es seit 2019 jährlich ein neues Werk von NENAD VASILIC. In unterschiedlichen Besetzungen oder ganz allein arbeitet sich der Bassist vom Balkan durch diverse Variationen Jazz. Der Titel seiner aktuellen CD „Bass & Strings“ deutet schon darauf hin, dass es in diesem Fall mehr Beteiligte gibt. 15 sind es gesamt, nicht alle spielen gleichzeitig, Bläser und Streicher oder Akkordeon kommen nur punktuell zum Einsatz. Eine grosse Bandbreite von Ideen kennzeichnet diese Arbeit, von durch komponiertem Rock Jazz zur Eröffnung geht es über freiere Entwürfe zu fast konventionellem Spiel. Besonders interessant dabei finde ich, wie er es immer wieder schafft heimische (traditionelle) Melodien in diese durchweg modern ausgeführten Partituren einzuarbeiten.

Anna Margolina – Erstklassige Eigenproduktion

Was macht Frau, wenn sie eine wunderbare Sängerin ist, aber Texte und Musik erfinden nicht ihr Ding? Glück haben und auf jemanden treffen, für den umgekehrtes gilt. Diese Gelegenheit hat sich ANNA MARGOLINA nicht entgehen lassen und sich von Conor Cantrell 8 Songs praktisch auf den Leib schneidern lassen. Die trägt sie gefühlvoll und überzeugend vor und wird dabei vom Quartett mit p,b,dr und Fügelhorn begleitet. Im Unterschied zu vielen Vokal Jazz Platten gibt’s auf „One endless Night“ sehr viel Raum für die Combo. Und die spielt nicht nur brave Begleitung, sondern findet zwischen den Strophen viel Gelegenheit, in solistischen Ausflügen und gemeinsamem Improvisieren den Titeln eine weitere Spannungsebene mitzugeben. Auffällig: Die Hornistin! Die CD wird wohl nicht in Läden auftauchen, ist eine Eigenproduktion von xjazz.com, Berlin.

As Madalenas – ‚Das Beste aus 2 Welten‘

‚Das Beste aus 2 Welten‘ vereinen AS MADALENAS auf ihrem Album ohne Titel. Mit 2 Stimmen, fast immer parallel, singen die beiden Frauen, eine aus Italien, die andere aus Brasilien, ihre zum grössten Teil selbst verfassten Lieder. Mal schimmert Canzone Italiano durch, dann wieder lässt sich etwas Samba, Bossa oder Musik des brasilianischen Nordens hinein hören, nur in wenigen Momenten wird es eindeutig. Komplett akustisch instrumentiert und ohne jede Hektik eingespielt, allein schon deshalb ein Leckerbissen für die Ohren, sind diese 13 Songs genau die richtige Beschallung für heisse Nachmittage.

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