Von Günter, 29.02.2012

EXCITEMENTS/ CHARLIE HADEN & HANK JONES

Gute Idee! Münster muss sich nicht mit extra eingeflogenen Stars schmücken, um eine packende Veranstaltung gegen die geplante Nazi-Demonstration auf die Beine zu stellen. KULTURMARATHON ist die exakt richtige Bezeichnung für den Mix aus Schauspiel, Wort und ganz viel Musik von „Eingeborenen“ (und Freunden!), zu dem am 1. März (heute!) ab 19.00h ins HEAVEN eingeladen wird. Danke für Initiative und Umsetzung, Ihr wisst, wer Ihr seid. Und für die massenhafte Teilnahme im Voraus an alle MünsteranerInnen!

Party im Paillettenkleid

Musikalisch startet es heute eher „altbacken“. Die EXCITEMENTS pflügen auf ihrem nicht betitelten Album (in Mono!)durch die 60er. Rock’n’Roll, Beat, Twist, Rhythm’n’Blues, Soul, die gesamte Palette wird gekonnt, technisch absichtlich etwas unterproduziert, benutzt. Die 3 Minuten Grenze ist Gesetz und auch die Sängerin findet den richtigen Ton. Party im Paillettenkleid.


Mondäne Cocktail Party

Bei CHARLIE HADEN und HANK JONES sind auf „Come Sunday“ die Kompositionen sogar noch älter. Wie der Titel in Verbindung mit dem Cover schon vermuten lässt, spielen sie amerikanische Kirchenlieder. Einige davon kennen wir als Gospels, wieder andere von diversen „klassisch amerikanischen“ Weihnachtsplatten. Die Herren spielen auch, wie in der Kirche, zwar nicht wirklich brav, dazu sind sie einfach zu gekonnte Virtuosen, jedoch sehr zurückgenommen, sodass eine gut trainierte Stimme oder gar ein Chor diese Duette aus Piano und Bass problemlos als Playback verwenden könnten. Musikstücke, die m/f sich freiwillig vermutlich nicht anhören würde, werden, von 2 so beseelt miteinander harmonierenden, gesetzten Herren präsentiert, plötzlich wieder zu einem echten Genuss.


Tango auf Gitarre, solo!

Die erste von heute 2 CDs aus dem Hause CHINCHIN ist von LAZLO (Paul Hezard). Die Damen und Herren dieser Marke haben sich seit längerem dem Electro-Swing verschrieben. Das heißt, sie erfinden neu oder verwenden alt klingende kurze Bläserphrasen, garnieren sie mit allerlei modernen Klängen und einem nicht zu heftigen, aber ordentlich flotten Beat. Im Fall LAZLO raffiniert gesetzte Samples auf geschickt gestrickte Rhythmen, doch ein wenig fehlt mir der Gesang.


Die andere stammt vom CLUB DES BELUGAS, dem bekanntesten Projekt der Marke. Mit „Forward“ macht der CLUB das halbe Dutzend CDs voll (plus eine „Best of“ und das hervorragende Live Doppelalbum, das es auch als DVD gibt). Der Kern der Combo bleibt, wird jedes Mal um feine Instrumentalisten (meist Bläser) erweitert. Der Pool der eingesetzten SängerInnen wird dabei immer grösser. Die sind es (ANNA LUCA, BRENDA BOYKIN, BAJKA..) die auch diese Platte zu einem langen, aber sehr kurzweiligen Ausflug in die Welt der mondänen Cocktail-Partys macht. Daumen hoch!

Ein Urgestein des elegant dargebotenen Fusion Jazz meldet sich nach ungewöhnlicher Pause von fast 3 Jahren zurück: SPYRO GYRA gönnen sich auf „ A Foreign Affair“ mit Hilfe entsprechender musikalischer Gäste Ausflüge in die unterschiedlichsten Ecken des Globus. Karibisch, südamerikanisch, leicht asiatisch und sogar etwas amerikanisch bluesig ist ihr neues Album gewürzt. Und für SPYRO GYRA Verhältnisse mit sehr viel unterschiedlichem Gesang versehen. Handwerklich perfekt und tontechnisch fast aus einer anderen Welt waren die Alben eigentlich immer, „A Foreign Affair“ klingt im Vergleich aber ausgesprochen inspiriert und frisch.

Zum Finale: Tango. Auf der Gitarre. Solo. LUIS BORDA wagt das auf „Tangos Brujos“. Eigene Kompositionen und besonders auch Titel, die für Tango-Orchester mit und ohne Sänger konzipiert waren, reduziert auf die Möglichkeiten seiner 6 Saiten, ruhig, konzentriert und mit ganz viel Liebe zum Klang der einzelnen Töne in spannende Geschichten verwandelt. Hier klingt Tango sehr überraschend anders und dennoch ungewöhnlich schön. Ein großes Kompliment an einen, der das vermutlich sein langes Leben lang trainiert hat und trotzdem darauf verzichtet, mit Fingerfertigkeit zu glänzen. Nicht sehr oft, aber in diesem Fall sage ich eindeutig: „It‘s the Player, not only the Song“, oder zu Deutsch, wenn Musik so eindringlich ist, liegt es nicht am Lied allein. Na Dann. Tschüss! i.m.trend@muenster.de

Archivtexte Ohrenschmauch

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