Von Günter, 02.05.2012

MUSIKaPOTHEKE/ MISIA/ ZURICH JAZZ ORCHESTRA/ SABRINA LASTMAN/ PABLO ASLAN QUINTET/ EVA MAYERHOFER/ LAZER SWORD/ FUNKEES

Auch in dieser Ausgabe gibt es wieder keine jammernden, zeternden Männer mit oder ohne elektrische Gitarren. Genauso wenig melancholisch leidende Frauen zu sparsamer Klavierbegleitung. Und die Zukunft des Rock’n’Roll wird hier auch wieder nicht entdeckt.

Fado, aus Portugal für die Welt

Dafür gegen Ende altes Zeug (aber klasse!) und vorher erwachsene MusikerInnen, von denen die meisten weder mit noch ohne Schutz ihrer Urheberrechte im Internet von ihrer Kunst leben können. Ausnahme: MISIA, bekannt im größten Teil der Welt als Aushängeschild des zeitgemäßen Fado. Ihr aktuelles Werk „Senhora da Noite“ enthält nur Texte, die von Frauen geschrieben wurde, zum Teil speziell für diese Platte. Mit der gewohnten Besetzung mit Gitarren, Akkordeon, Violine und Klavier taucht sie durch Stimmungen, Geschichten und, wenn ich es richtig verstehe, viel Liebesleid. Eine kleine Ader für den portugiesischen Blues, mehr braucht es nicht, um mit dieser Platte viele emotionale Stunden zu verbringen.


Elektronik mit Hintergedanken

Zu kaum einer Zeit war es populärer Cover-Versionen aufzunehmen, als in den vergangenen 15 Jahren. Eine sehr ungewöhnliche, jazzig spannende Variante legt das ZURICH JAZZ ORCHESTRA mit Sängerin IDA WEISS vor. Quer durch‘s Beet von NAT KING COLE über STING zu JAGGER & RICHARDS, dazwischen noch 80er Wave und die BEE GEES. Aber nicht auf unbedingten Schönklang getrimmt, sondern für eine moderne Jazz Big Band arrangiert. Für trainierte HörerInnen auch ein angenehmer Background, aber genau zuhören kommt erheblich besser.


Afro Rock aus den 70ern

Richtig komplex geht es zu auf SABRINA LASTMAN’s „The Candombe Jazz Session“. Über Piano, Bass, Drums und gelegentliche Erweiterung durch Gastmusiker Scattet (besser: singen ohne Worte) sie sich, wie ein zusätzliches Melodieinstrument durch 10 sehr anspruchsvolle moderne Jazz Nummern. Die Bandbreite reicht von melodisch verspielt bis spontan improvisiert. Ohne großes Konzept, eher wie eine Momentaufnahme des Status Quo mit einer perfekt mit ihr harmonierenden Combo. In Worten singt sie allerdings auch, sowohl spanisch als auch portugiesisch, dann klingt sie stark nach klassischer Gesangsausbildung, dabei jedoch nicht steif und auf Schönklang getrimmt, wie m/f es von anderen derart geschulten kennt. Für Freunde des außergewöhnlichen Gesangs.


Das PABLO ASLAN QUINTET hat das (mir bis dato unbekannte) „Take me Dancing“ Album (aus 1959) von ASTOR PIAZZOLLA neu eingespielt. Zu diesen 10 Titeln in dieser Version zu tanzen, gelingt sicher nur Profis, aber Liebhabern des Tangos und Jazzfreunden ist es ganz sicher ein echter Ohrenschmaus!

Ein Name, der den meisten Lesern wohl auch noch nichts sagt: EVA MAYERHOFER, aus Heidelberg, nicht wirklich die Geburtsstadt des Jazz, legt ihre erste Platte unter ihrem Namen vor. Es hat etwas gedauert, bis sie ‚ihren‘ Ausdruck gefunden hat. 7 eigene, 3 fremde Federn, 2 davon von A.C. JOBIM. Weiblicher Jazzgesang in einer ganz anderen Spielklasse, als wir von NORAH JONES (gerade erschienen) oder MELODY GARDOT (Ende Mai) werden geboten bekommen. Es darf harmonisch sein! Es darf auch schön klingen! Aber es darf nicht anbiedern. Dafür sorgen LARS DUPPLER und Kollegen und natürlich EVA, die sich nicht in eine Richtung produzieren lassen muss.
Vollelektronisch geht es weiter mit LAZER SWORD. „Memory“ heißt die 2. CD, die die beiden Amerikaner vorlegen. Soundtechnisch sehr versiert und rhythmisch ungewöhnlich komplex bewegen sie sich zwischen abstraktem Techno, demontiertem Hip Hop und total reduziertem Detroit House. Kein synthetischer Background für‘s Tanzbein, sondern Elektronisches mit weit reichenden Hintergedanken.

Viel älter und noch viel eindeutiger, die FUNKEES zielen ganz klar auf das Tanzbein. Afrikanische Beats aus der 1. Hälfte der 70er von Nigeria’s Nummer 1 Rockband! War es im Westen beliebt, Handtrommler mit in die Band aufzunehmen, drehten die FUNKEES den Spieß um. Die E-Gitarre durfte auch mit ins Studio. Diese Mischung aus Rhythmen der Tradition und Sounds der anglo-amerikanischen Hemisphäre hat auch nach 40 Jahren nichts von ihrer Faszination eingebüßt!
Das alles kann m/f ansehen und anhören und sogar kaufen in jedem gut geführten Plattenladen, wahrscheinlich auch im Internet, aber ganz sicher am 5. Mai und dann an jedem 1. Samstag („Langer Samstag“) im Monat von 11.00h bis 15.00h in der BREITEN GASSE 1, Anzeigenannahme der NA DANN, wo die MUSIKaPOTHEKE ihre Tür wieder öffnet und noch ganz andere „Schätze“ ans Licht des Tages zerrt. Ich hoffe, wir sehen uns da!
Na Dann. Tschüss! i.m.trend@muenster.de

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