Von Günter, 22.08.2012

CULTURE/ CANTECA DE MACAO/ QUETZAL/ MARC BERUBE and the PATRIOTIC FEW/ KRISTOF BACSO QUARTET/ ROMAIN COLLIN/ PURE SALINAS 4

Wenn es das doch bei technischem Gerät auch gäbe: Die Reparatur kommt schon vor der Reklamation. „You don‘t love me“, den Song den GABRIELE POSO für seine aktuelle Platte „Roots of Soul“ so hervorragend neu arrangiert hat, kennen die meisten von uns nicht gesungen von SOPHIE GEORGE sondern natürlich von DAWN PENN. Nicht nur beim Gebrauchtwagen gilt: Frech behauptet ist halb geglaubt.

Flamenco mit viel fremdem Gewürz

Ständig leicht die Nase rümpfen über Menschen, die ihre STONES oder BEATLES Sammlung immer noch mit ehemals verschollenem Material vervollständigen, aber selbst seit Wochen auf alten Reggae-Scheiben herum kauen. Wie sagt der Westfale (Plattdeutsch kann ich leider nicht schreiben): Was dem einen die Eule, ist dem anderen die Nachtigall. Also schwärme ich jetzt munter drauflos.


Europäische Schule

„Natty Dread taking over“ heisst die gerade erschienene umfangreiche ‚Best of‘ CD von CULTURE, einem der ‚Conscious Reggae‘ Flaggschiffe der 70er. 2 CDs gefüllt mit den besten Songs, Peel Sessions, einer komplett unveröffentlichten Platte („Africa stand alone“ von 1978) und dazu noch eine Live DVD in einem Set zum fairen Preis. Simple Wahrheiten in großartig einfache Songs gepackt und gesungen, dass m/f es kaum glauben mag.
Ich schaue in meine Kristallkugel und sage: Die überlebt, bis es zum nächsten Mal heißt „When the two 7s clash“.


DJ Bruno’s nächster Streich

Deutliche Spuren des karibischen Offbeats trägt auch die CD „Nunca es Tarde“ CANTECA DE MACAO. Allerdings macht sich dieses vielköpfige Ensemble mit genau so vielen Gästen auch vor anderen Rhythmen nicht bange. Rumba, Son, Cumbia, Flamenco, Salsa nicht notwendigerweise voneinander getrennt sondern am liebsten geschickt miteinander verwoben, mal als treibender Hintergrund für die Männerstimmen oder auch sehr emotional die Sängerin unterstützend. Falls es die Schublade schon gibt, packe ich sie unter aufregende Flamenco-Fusion.


Die nächste wird auch überwiegend in Spanisch gesungen (3 Tracks Englisch), aber QUETZAL, die ‚East LA Chicano Rock Group‘, wie sich selbst scherzhaft nennen, lebt in Amerika. Als echte Songwriter beschreiben sie ihr Leben als Einwanderer in East Los Angeles. Allerdings ist das –Rock- in der Gruppe ein wenig geschwindelt. Die Musik auf „Imaginaries“ pendelt zwischen lateinamerikanischen Rhythmen, aus der Tradition kommend, aber sehr zeitgemäß aufbereitet und eher ‚schwarzer‘ Musik, wie sie vor Ort das Radio beherrscht. Ein echtes Stückchen Kulturgut, fanden auch die Menschen von SMITHSONIAN FOLKWAYS, die das Projekt unterstützen und an das erste Ziel gebracht haben.

Wenn ich schon gerade auf dem Kontinent bin, dann auch kurz nach Norden. „June in Siberia“ haben MARK BERUBE and the PATRIOTIC FEW ihr Album genannt. Ganz schöner, sanfter Singer/Songwriter Indiepop. Gewitzte Arrangements, gut ausgesuchtes Instrumentarium und mit Inbrunst und Können vorgetragen. Die hätte ich bis November aufheben sollen…
Jetzt 2x moderner europäischer Jazz. Beide weniger in Blues- oder Swing-Tradition, als vielmehr der kontinental-europäischen Kompositionsschule folgend. „Nocturne“ ist eine Live CD des KRISTOF BACSO QUARTET, bestehend aus Saxophon, Trompete, Drums und Bass. Zwischen auskomponierten Parts und gelegentlich durchaus expressiven Improvisationen kommt jedoch der Hang zu runden Harmonien auffällig zum Zug. Obwohl sie nicht wirklich Swing spielen sind die Rhythmen nicht zu vertrackt, als dass die Musik nur für Musiker interessant sein könnte.
Das ROMAIN COLLIN TRIO startet sein Album „The Calling“ höchst fulminant, mit Rhythmusfiguren, wie sie im Progressiven Rock (hallo König CRIMSON..) oder bei Herrn ZAPPA Verwendung finden könnten, bewegt sich aber im Lauf der Spielzeit zu romantischeren Momenten, in denen die Musiker an Piano, Drums und Bass (plus gelegentlich ergänzende Gitarre bzw. Cello) auch der beinahe Ruhe sehr viel Spannung mitgeben. Beide sehr hörenswert, etwas Vorbildung in Jazz ist aber empfohlen.

Zum Schluss wieder leichte Kost. DJ BRUNO from IBIZA’s neuer Werbeträger für seinen Stammclub liegt vor. „PURE SALINAS 4“ - mediterrane Lounge und Deep House Musik, von erfahrener Hand ausgesucht, nicht nach Big Names sondern nach was ist interessant und intelligent umgesetzt. 2CDs, 22 Tracks, mehr als 2 Stunden harmonische Musik mit Beats die mit Lautstärke zum Tanzen (fast) zwingen und bei weniger Volume das Betrachten des Nachthimmels (wenn es nicht gerade wieder regnet) zu einer bunten Sternenreise machen.

Das alles kann m/f ansehen und anhören und sogar kaufen in jedem gut geführten Plattenladen, wahrscheinlich auch im Internet, aber ganz sicher am 1. September und dann an jedem 1. Samstag („Langer Samstag“) im Monat von 11.00h bis 15.00h in der BREITEN GASSE 1, Anzeigenannahme der NA DANN, wo die MUSIKaPOTHEKE ihre Tür öffnet und noch ganz andere „Schätze“ ans Licht des Tages zerrt. Ich hoffe, wir sehen uns da!
Na Dann. Tschüss! i.m.trend@muenster.de

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

Beiträge 2012