Von Günter, 05.12.2012

MONILA ROSCHER’S INDIE BIG BAND/ ANDRE WILLIAMS/ PAAL FLAATA/ FAWZY AL-AIEDY/ RABIH ABOU-KHALIL/ KING CRIMSON/ TRAVIS & FRIPP/ S.O.D.A./ CHARLES PASI

Menschliches Leid will ich nicht gegeneinander aufrechnen, aber durch den schrecklichen Feuerunfall im Schwarzwald wird die Berichterstattung über die Produktionsbedingungen in den Billiglohn-Ländern der Textilindustrie sofort aus dem Fokus gerückt. Und alles bleibt, wie es ist.

Modern und trotzdem Blues

Mit ganz viel Energie und mindestens entsprechendem Handwerk haut uns MONIKA ROSCHER‘S INDIE BIG BAND ihr ‚Indie-Crossover-Jazz‘ Album „Failure in Wonderland“ um die Ohren. Von der verspielten Ballade über Rockfestival geeignete Power-Nummern zu heftigster Jazz-Rock Improvisation, bewegt sich dieser Riesen-Klangkörper, 19 Mann/Frau stark, durch die 10 sehr unterschiedlichen Tracks. Experimentiert in Klang und Rhythmus, richtet sich aber nicht nur an Profis, sondern gibt Neugierigen und Entdeckern immer wieder kleine Melodien für den Einstieg. Wenn m/f gut zuhört!


….und die Tuba spielt dazu!

Seit 50 Jahren fleißig Live und im Studio ist ANDRE WILLIAMS. Sein 2012er CD oder LP Modell heißt „Life“ und ist eine schwungvolle Tour durch alles, was m/f unter ‚dirty Rhythm and Blues‘ zusammenfassen kann. Etwas Voodoo, eine Portion Soul, eine kompakte Band und ganz viel Lebenserfahrung. Besser als lange Zeit vorher! Cool.


Samtene Melancholie

Die Pause war sehr lang, die Melancholie ist trotzdem noch da. PAAL FLAATA, ehedem Sänger der norwegischen MIDNIGHT CHOIR legt mit „Wait by the Fire“ sein 2. Werk ohne die alte Band vor. Ausschließlich Songs von CHIP TAYLOR (kann m/f als langjährigen Solo-Künstler kennen oder gar noch von den TROGGS) trägt er mit seiner samtenen Stimme und der größten Ruhe der Welt vor. Von dunkel depressiv bis wundervoll harmonisch. November-Musik. Genug gefaselt, bitte anhören!


FAWZY AL-AIEDY kennt hier vermutlich kaum jemand. Sein „Radio Bagdad“ enthält 14 mal arabisch-stämmige Pop-Musik für Erwachsene. Er lebt lange in Frankreich, singt selbst, spielt die Oud und wird von einem kleinen, wechselnden Ensemble begleitet. Ich verstehe zwar kein Wort (Übersetzungen der Texte in Französisch und Englisch liegen bei), aber die Arrangements sind absolut kurzweilig und interessant. World Music!

Weitaus bekannter ist der nächste Oud-Spieler: RABIH ABOU-KHALIL. Der ist ja fast bei uns beheimatet und hat sich für „Hungry People“ eine eher ungewöhnliche Band zusammengestellt. Saxofon, Tuba, Akkordeon und Schlagzeug, das gibt schon mal ein ungewohntes Klangbild. Eingängige, fast poppige Tempo-Nummern, verspielt lyrische Balladen-Motive und expressive Improvisationen, die besonders wenn die Tuba (MICHEL GODARD) den Ton angibt, ein Ohrenschmaus für Bläser-Fans sind. Europa trifft Arabien und jazzt!
Der König ist noch lange nicht tot! In der Serie zum 40. Geburtsjahr der Band gibt es soeben KING CRIMSON’s „Lark Tongues..) in der bekannt luxuriösen/audiophilen CD plus DVD Version. Und ein neues Duo-Werk von Herrn FRIPP mit Kollegen TRAVIS. Ruhige Improvisationen für Flöte und FRIPPertronics Gitarre, die zum Finale eine deutliche Spur zum alten König legen. Ebenfalls als CD plus DVD, für die Klangfreaks.

Feist groovender Kontrabass, Hand-Perkussion und sparsame Keyboards unter auffälliger Frauenstimme. S.O.D.A.‘s „Love Call“ ist Instrumentiert wie Jazz, klingt aber wie sehr souliger Pop. Der Verzicht auf das konventionelle Schlagzeug macht diese ungewöhnliche Mischung ausgesprochen locker und frisch.

Zum Finale wieder Roots! CHARLES PASI zeigt auf „Uncaged“ seine Vorstellung der zeitgemäßen Interpretation des Themas. Klar, 12 Takte kann er auch, lässt sich aber auch vom frühen TOM WAITS inspirieren, vermeidet die üblichen ‚Kneipen‘-Blues Manierismen und beendet seinen Erstling lieber mit einem sehr eigenen „Dream a little Dream of me“. Tipp!

Jetzt kommt’s: Seit dem 17. November gibt es die MUSIKaPOTHEKE an jedem Samstag (bis Jahresende). Von 11 bis 15h ist in der Breiten Gasse 1 (Anzeigenannahme der NA DANN) musikalisches Schnüffeln und Günter’s Geschenktipps in Ohrenschein nehmen ausdrücklich erwünscht.
Na Dann. Tschüss! i.m.trend@muenster.de

Archivtexte Ohrenschmauch

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