Von Günter, 25.02.2015

ANDY KISSENBECK’s CLUB BOOGALOO/ JET LEG ALLSTARS/ SERENATA GUAYANESA/ INDIALUCIA/ QUADRO NUEVO/ ADHD/ JILL BARBER

Keiner hier spielt Sango so..

Wenn es das Etikett noch gäbe, würde ich sagen ANDY KISSENBECK’S CLUB BOOGALOO spielt Acid Jazz. Aber nicht den simplen mit knackigem Beat, kurzen Hooks und feister Hammond. Dessen „Monsoon Dance“ ist viel feiner gesponnen. Grooves ja, doch nicht als Animation zum Tanz. Eher ein jazzig swingender Gesamtsound mit gut eingefügten Rhythmus Nummern. Die Orgel kommt nicht zu kurz, auch wenn die Mitstreiter hörbar und ziemlich gleichberechtigt ihren Teil beitragen.


Die JET LEG ALLSTARS exerzieren einen sehr eigenwilligen Crossover Sound. Mit E-Gitarre, Violine und Kontrabass interpretieren sie die ‚Greatest Hits‘ der klassischen Musik ganz anders. Da schleicht sich ‚der 3.Mann‘ in die Pizzicato Polka oder der ‚Apache‘ in MOZART’s ‚Alla Turka. Überhaupt nicht bieder, wie weiland JAMES LAST und auch nicht schräg, wie SPIKE JONES. Ich würde fast wetten, die leben in Österreich.

Hören und nicht mehr vergessen

Seit die alten Kubaner tot sind, gibt es keine Weltmusik mehr. Besser gesagt, Musik, die nicht auf anglo- amerikanischen Werten beruht. Meint die Branche. FUNKHAUS EUROPA lässt sich davon nicht abschrecken, und die MusikerInnen in aller Welt auch nicht. Von den alten Kubanern kommt im nächsten Monat Neues, bis dahin kann der und die Interessierte sich schon mal warm hören mit der SERENATA GUAYANESA. Vier nicht mehr ganz junge Herren zelebrieren ihr favorisiertes traditionelles Liedgut aus Venezuela. Mit den ‚zu kleinen‘ Gitarren (Cuatro, Tres), Handtrommeln, Rasseln und manchmal Bass zeigt „Canta con Venezuela“ die grosse Bandbreite der heimischen Musik. Von eher ländlichen Liedern zum Calypso aus Küstennähe (Trinidad und Tobago liegen vor der Tür) singen die vier Herren mit ausgebildeten Stimmen nicht nur von der Schönheit ihres Landes.


Noch einer zu dem Thema: INDIALUCIA, Gross- (Riesen-) Ensemble stellen auf „Acatao“ die Verbindung zwischen Musik der indischen Tradition und dem Flamenco Andalusiens her. So perfekt miteinander verwoben, als wäre diese Musik schon immer so. Ob mit grosser Streicher Begleitung und diversen Handtrommeln oder im intimen Duett zwischen Sitar und Gitarre. Ein ungeheuer faszinierendes Wechselspiel.

Auch im Studio ‚live‘

Meister ihres Fachs: Keine Combo in diesem Land spielt ihn so, wie QUADRO NUEVO. Kein Wunder, die sind ja immer wieder und lange zum Training in Argentinien. Entsprechend heisst das neue Werk auch einfach „Tango“ und ist ganz sicher das authentischste, unverzierteste und reifste, was dieser 5er zu dem Thema beitragen kann. Und sagt nicht immer ‚Kammermusik‘, nur weil die auch ohne Strom können.


Kammermusik mit Strom liefern die 4 Isländer von ADHD auf dem neuem Werk „5“. Klingt, wie ‚Live im Studio‘ und ist sicher auch nur Basis komponiert. Harmonische Improvisation, bei der nicht zuviel gespielt wird, jazzige Harmonien, die gelegentlich an „Ummagumma“ (!) erinnern und ganz viel nordisches ‚Eins mit der Welt‘ (Unterstellung von mir). Falls es noch Menschen gibt, die Musik hören, um Musik zu hören, hier ist tolles Futter für Euch!
Und am Ende erstklassiger Pop. JILL BARBER’s „Fool’s Gold‘ ist bereits ihr 6. Album. Schon ihr „Mischievous Moon“ von 2013 liess mich aufhorchen. „Fool’s Gold“ ist ein kräftiger Schritt nach vorn. Eröffnet mit einer beinahe MOTOWN Nummer, danach folgen 9 meist etwas sentimentale Songs über Themen einer erwachsenen Frau in Arrangements, die etwas 60er Jahre Flair versprühen, aber eindeutig in Bewusstsein, Handwerk und technischer Ausführung ins Hier und Jetzt gehören. Tolle Stimme, klasse Songs, eine lange auf sie eingespielte Band plus ein Tonmeister (GAVIN LURSSON), der den Klang wie eine wärmende Decke um die Hörer legt. Belohnung für einen anstrengenden Tag.
na dann... Tschüß!
i.m.trend@muenster.de

Reinhören & Verlieben
samstags von 11-15.00 Uhr:
Günter’s MUSIK-aPOTHEKE
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