Von Günter, 13.01.2016

ANNBJORG LIEN/ BROTHERS NAZAROFF/ DORI FREEMAN/ MATT EPP/ TOM WAITS/ SACHIE MATSUSHITA

Schon wieder neue Musik! Klar, m/f kann immer wieder das schon Bekannte hören, ohne wirkliche Wahrnehmung Radio oder Stream plätschern lassen, oder versuchen neugierig zu bleiben. Die Letzteren nehme ich in dieser Woche mit auf eine kleine Reise durch die Welt der Musik.

Den Anfang macht ANNBJORG LIEN mit „Drifting like a Bird“. 9 gar nicht mal so kurze Geschichten über Menschen die und warum sie zur See fahren. Sehr traditionell nordisch (norwegisch) komponiert mit nur leichtem Songwriter-Pop-Einschlag. Zum Teil in Englisch gesungen, versteht sie es hervorragend, ihrem Gesangsvortrag sowohl die richtige Färbung für die mehr folkigen Teile der CD, als auch den passenden Tonfall für die modernen Parts beizumischen. Das hat für mich starke Verwandtschaft mit irisch/keltischer Tradition.

Yiddisch freilach (fröhlich) Songs

Auf eine erhebliche jüngere Tradition berufen sich die selbsternannten BROTHERS NAZAROFF. Auf ihrem „The Happy Prince“ feiern sie das Schaffen von NATHAN „PRINCE“ NAZAROFF, aus ihrer Sicht der Prinz der yiddischen Kneipen- oder Nachtbar-Musik. Lebensfroh, weder sprachlich noch inhaltlich der ‚Hochkultur‘ verpflichtet und musikalisch Klezmer. Pop-Faktor eher gering, dafür umso mehr Humorpunkte. Irgendwo zwischen ‚Hava Nagila‘ und ‚Wenn ich einmal reich wär‘. Ein grosses Danke für das Erhalten und Weitertragen dieser ‚alternativen‘ Tradition!


Auch DORI FREEMAN bewegt sich souverän in einer Tradition. Klassische Country Musik (keine Trucker- oder Outlaw-Ambitionen), die mich an die CARTER FAMILY erinnert. In der Mitte der zehn Songs darf die Band etwas aufdrehen und gibt den Songs ein wenig Nähe zu EDI BRICKELL oder SUZANNE VEGA. Diese nur als Anhaltspunkte, sie hat ihren sehr feinen eigenen Gesangsstil und macht auch a cappella mit ihrer textlich aktualisierten Version von ‚69 Tons‘ eine sehr gute Figur.

Das passiert immer wieder: Bereits das 8. Album und ich habe noch nie eines gehört. MATT EPP, kanadischer Singer-/Songwriter macht dem Albumtitel alle Ehre. „Ready in Time“, nach weniger als 30 Minuten sind die 8 Songs vorbei. Vom Vancouver Folk Music Festival als Fortschreiber der Tradition der grossen heimischen Troubadoure JONI MITCHELL oder LEONARD COHEN angekündigt, fallen mir als Vergleich eher GORDON LIGHTFOOT oder BRUCE COCKBURN ein. Feine Songs, warmer analoger Bandsound und immer ein paar Gramm Melancholie an Bord.

Frühes Interview plus Musik

Zugegeben, diese ist nur was für Hardcore TOM WAITS Fans. „Fumbling on the Radio“ ist der Mitschnitt eines Radio-Interviews aus 1974, in dem WAITS dem Moderator Rede und Antwort nuschelt und zwischendurch zur Gitarre oder am Piano Songs seines damals neuen Albums „The Heart of Saturday Night“ und der Vorgänger Platte vorstellt. Aufschlussreich, der Beat-Poet auf dem Weg.


Free Jazz!

Aus kommerzieller Sicht sicher, wie m/f in ihrer Heimat sagen würde, Hara-Kiri, dafür musikalisch sehr mutig und beseelt. SACHIE MATSUSHITA am Klavier, VITOLD REK am Bass und ERWIN DITZNER am Schlagzeug spielen improvisierte Musik. „Free“, wie der Titel sagt, nicht vorkomponiert und nicht nachbearbeitet. Erstmalig gemeinsam im Studio, aufwärmen und dann dem musikalischen Geschehen freien Lauf lassen. Dabei entstehen mal kleine Melodien, gelegentlich so etwas wie Grooves und über die ganze Länge ein spannender, miteinander korrespondierender Trialog. Sicher keine Musik für jede Gelegenheit, eher das kleine Abenteuer zwischendurch.


na dann... Tschüß!

i.m.trend@muenster.de

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