Von Günter, 24.04.2024

SVÄNG/ GUO GAN, HUONG THANH, FUMIE HIHARA/ ANNE SAVOY/ LEON HATTARI/ JAZZ DEFENDERS/ LIZZ WRIGHT

Sväng – Mundgemacht

Diese 4 gut gekleideten Herren kann ich mir gut in der Friedenskapelle vorstellen. In knappen, von Humor durchsetzten Texten erläutern sie den Hörenden worum es geht, wie sie ihre ungewöhnlichen Musikstückchen finden und be- und verarbeiten. Schon der Name des Quartetts SVÄNG ist deutbar. Swing als Übersetzung sicher nicht falsch, der Titel der neuen CD lautet „Svängo Nuevo“, ist aber etwas irreführend. Die besagten Herren spielen alle 4 Mundharmonika und um Tango geht es eher wenig. Zusammengetragenes aus aller Welt, gemischt mit finnischer Tradition, schwungvoll, virtuos und melodieverliebt.

Wirklich nur für eingeweihte ist das Werk „Three Perfumes“ von GUO GAN, HUONG THANH, FUMIE HIHARA. Mit Erhu (Streichinstrument), Koto und 3 Stimmen entwickeln sie ihre Vision von chinesischer Tradition in moderner, eher Jazz orientierter Spielweise. Wer da fragt, Guo Gan? Der hat mindesten schon so viele Platten veröffentlicht wie James Last!

Mit 11 neu eingespielten Titeln und mehr als 40 Seiten Info zur Künstlerin und ihrem Umfeld verwöhnen uns die Damen und Herren von Smithsonian Folkways im Falle von ANNE SAVOY. Nicht nur künstlerisch verbandelt mit Grössen der Cajun Musik, Marc Savoy und Michael Doucet, zeigt sie auf „Another Heart“ ihre persönliche Handschrift. Eigene Titel, dazu Songs von Kinks bis Springsteen, die sie mit kleiner Band und ihrer sehr eigenen Art zu arrangieren und zu singen überzeugend vorträgt. Old School vom Feinsten!

Moderne Variante des Blue Note Sounds der mittleren 60er? LEON HATTARI am Piano, mit Trompete, Sax und Rhythmusgruppe erinnert mich zumindest stark daran. In seinem Spiel finden sich Fragmente seiner Vorbilder, ohne dass es nach Kopie klingt und die Bläsersätze (virtuos können die beiden auch!) sind auch nicht weit von den Adderley Brüdern. Neben den 7 eigenen Titeln gibt’s passend einen Klassiker von Rodgers und Hart.

Jazz Defenders – Der Name ist Programm

Die JAZZ DEFENDERS haben ebenfalls eine ganz eigene Sicht auf Jazz. Wie der Name schon vermuten lässt, ist es nicht ihr Bestreben die musikalischen Grenzen auszuloten, sondern sich eher darum zu kümmern, dass konventionelle Spielweise nicht altbacken daher kommt. Mit Piano, Orgel, Sax, Trompete, Bass und Drums ganz konservativ besetzt zeigen sie auf „Memory In Motion“, dass Musikalität sich nicht in Handwerklichem erschöpft, sondern fliessende Melodie und sogar tanzbarer Groove nicht das Ende der Kreativität bedeuten. 8 komplett neue Stücke aus dem Studio, das sie das auch ‚Live‘ können, zeigen sie auf Titel 9.

Lizz Wright– Blues, Gospel, Roots

Lang genug gewartet. Endlich erscheint ein neues Werk der Frau mit der dunkel-samtenen Stimme, LIZZ WRIGHT. Anscheinend ist sie endlich angekommen. Beim Blues. Allerdings ohne die berüchtigten 12 Takte zu bemühen. Sie mischt ihre Vergangenheit, Gospel, Country, Roots und ganz viel Soul in ihre eigenen 5 Songs und packt dazu 6 gut ausgesuchte ‚Klassiker‘ der eher jüngeren amerikanischen Musikgeschichte. Überwiegend akustisch Instrumentiert erinnert der Sound an die ersten Blue Note Alben von Cassandra Wilson, bleibt jedoch nicht vergleichbar abstrakt, sondern bewegt sich in sanft swingender Gospel-Manier. Schaut dabei nicht auf glorreiche Zeiten zurück, setzt mit auffälligen Gästen auf „Shadow“ ein klares Zeichen, wohin sich die Blues/Gospel/Roots-Musik nach ihrer Vorstellung entwickeln sollte.

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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