Ohrenschmauch
Von Günter, 30.10.2024
ULRIKE HAAGE/ JAUNE TOUJOURS/ JAZZAMOR/ SURENSEMBLE/ ABSTRACT CRIMEWAVE/ SVANEBORG KARDYB/ AL JARREAU & NDR BIGBAND
Neben dem Welken des Grüns ist die Umstellung der Zeit das untrügliche Signal für die beginnende ‚Indoor Zeit‘. Ein perfekter Begleiter dafür ist die neue CD von ULRIKE HAAGE „Alles Licht“. Klavier solo, gelegentlich ergänzt durch den Einsatz einer Kirchenorgel (Daniel Sticker). Meditativ, stimmungsvoll, spannend-entspannend und kein Ton zu viel. Und ganz sicher nicht belanglos. Ausgeklügelte Kompositionen in emotionaler Interpretation, kein November Blues. Wie ich gern sage: „Eine gute Stunde“.
Ganz im Gegensatz zur Jahreszeit musiziert das belgische Ensemble JAUNE TOUJOURS. Sänger mit Akkordeon, Drums, Bass und 3 Bläsern bilden den Kern, ergänzt um einzelne Akteure nach Bedarf. Zwischen Balkan Beats, Ska und Reggae siedeln sie die Rhythmen an, finden gute Harmonien und mischen daraus ein buntes Süppchen in 3 Sprachen. Wer ein Herz für Mano Chao hat, findet hier maximales Vergnügen.
JAZZAMOR sind bereits seit 20 Jahren im Geschäft. Dieses Jubiläum nutzen Sängerin Bettina Steingass und Instrumentalist Roland Gosch für ein Resumee. „Reworks-20 Years of Jazzamor“. Ihre Favoriten aus mittlerweile 10 Alben unterzogen sie einer Frischzellenkur. Neubearbeitungen, Remixe, bislang Unveröffentlichtes und dazu ein ganz neuer Track füllen CD und LP. Lounge Musik mit einem Schuss Brasil und leichtem Jazz Feeling, sanft gesungen und dazu passender musikalischer Hintergrund. Ganz sicher zu zurückhaltend fürs ‚grosse‘ Publikum.
Eine leicht zugängliche Variante Jazz bieten das SURENSEMBLE und Freunde auf „Stay together“. Die ‚übliche‘ Band Grundausstattung plus drei bzw. vier Bläser mixt südamerikanische Tradition mit euro-amerikanischem Jazz. Obwohl der Leader die Drums bedient, spielt auf der Rhythmusinsel die Latin Perkussion im Vordergrund. In meist gemächlichem Tempo werden sensibles Gitarrenspiel und harmonische Bläserbegleitung miteinander verwoben, solistische Ausflüge vom Ensemble gemeinschaftlich getragen und ansprechend inszeniert.
Aus dem Norden (Schweden) und kein Jazz! Für ihr 3. Album haben sich die ‚anderen‘ Smile umbenannt in ABSTRACT CRIMEWAVE. Für „The longest Night“ haben die beiden Köpfe dahinter das Konzept der beiden Vorgänger Alben entschlackt. Nur sie plus Drummer, dazu für einzelne Titel gezielt ausgesuchte Stimmen. Kurzbeschreibung: Dynamisch vorgetragener Indie Gitarrenpop (-rock?) mit Zusatzklängen, tollen Harmonien und Wiedererkennungswert. Wird bestimmt auch anderswo Erwähnung finden, denn Lykke Li, Chrissie Hynde oder Dungen singen sicher nicht für ‚unter Wert‘ Ideen.
Ein Mann weniger, aus Dänemark aber Jazz. Unter SVANEBORG KARDYB firmieren sie, arbeiten mit Keyboard und Drums. Minimal in Besetzung und Tongebung findet der Tastenmann fliessende Tonfolgen, die der Drummer durchaus auch mal energisch untermalt, wird aber durch gekonnte Arbeit am Mischpult auf den vorgegebenen Geräuschpegel angepasst. Eigentlich kleine Ideen, die durch Einfallsreichtum ausgemalt werden und sich zwischen Raum und Ruhe ausdehnen. Und in der liegt ja bekanntlich die Kraft.
Und dann war da noch der Sänger, der zuerst und besonders in Deutschland geliebt wurde. Vor 2 Jahren verstorben bringt das Label (ACT) seines ‚Entdeckers‘ jetzt ein Live Album, aufgenommen 2017, auf den Markt. AL JARREAU & NDR BIGBAND „Ellington“. 11 Klassiker des ‚Duke‘ mit hervorragender Band und vor allem einzigartigem Sänger. Selbst wer diese Titel eigentlich auswendig mitsingen kann, wird überrascht sein, wie AL und Bandleader Jörg Achim Keller es schaffen, sehr ungewöhnliche, eigene Variationen zu kreieren. Viel AL, tolle Solisten und einmalige Kompositionen.