Von Günter, 24.07.2024

RICHARD THOMPSON/ HERR WADE/ JOSÉ AFONSO/ RESOLUTION 88/ SVERRE INDRIS JONER & THE CUBAN OPERA ORCHESTRA/ RAH & THE RUFFCATS

Richard Thompson – Griffige Songs, feine Gitarren

Den haben auch wichtige Medien der Branche auf dem Schirm. Mit 75 Jahren legt die Folk-Rock Legende RICHARD THOMPSON ein neues Werk vor. „Ship to Shore“ enthält alles, was ihn auszeichnet. Griffige Songs, etwas Melancholie und natürlich exquisite Gitarrenarbeit. Trotzdem bleibt für mich „Shoot out the Lights“, das Trennungs-Album von Ehefrau Linda von ‚Anno Tuck‘ der emotionale Höhepunkt seines Schaffens.

Herr Wade – ..ermittelt in der Vorstadt

Der Herr Voss aus der Vorstadt und sein norwegischer Kollege Aleskjaer haben es schon wieder getan. Als HERR WADE „ermittelt“ bringen sie spontan und humorvoll die neue CD ins Bandcamp Sortiment (vermutlich). 11 kurzweilige Titel inklusive Polizeifunk Samples und -Berichte, zwischen und innerhalb der Songs, deren Titel schon deutlich Hinweis geben, den Inhalt nicht bierernst zu nehmen. Aus der Abteilung ‚braucht kein Mensch, will ich haben‘!

50 Jahre nach der ‚Nelken-Revolution‘ in Portugal erscheint „Ao vivo no Coliseu“, das historische Konzert des Dichters / Liedermachers des Widerstands erstmals vollständig auf Tonträger. Auf 2 CDs bzw. 3LP gibt’s 22 Songs von JOSÈ AFONSO mit den dazugehörigen Ansagen (die ich leider nicht wirklich verstehe. Inhaltlich zwischen Resignation, Wut und Optimismus vor 1974, lässt sich hier die neue Stimmung ein knappes Jahrzehnt später nachvollziehen. Mehr Dokument als Unterhaltung!

Das britische Quartett RESOLUTION 88 um den Keyboarder Tom O’Grady, der auf diesem Album wohl alles was Tasten hat benutzt. Rhodes, Synthies diverser Generationen, Rhythmus-Maschine… dazu 3 Kollegen an Bass, Drums und Perkussion, auf 2 Titeln durch Sax erweitert und 1 Track gesungen von der langjährigen Incognito Front Frau Vanessa Haynes. Zwischen melodischen, gefühlvollen Tracks der Gattung Funk und Soul huldigen diese vier ihren Helden der Jazz-Rock-Funk Historie Hancock, Miller usw. Also knackiger Bass, exzellent gespielt, unterstützt von agiler Drums/Perkussions-Arbeit plus Keyboard-Sounds aus diversen Quellen und expressivem Einsatz des Sax. Kommt auch auf Vinyl, kann nur nicht genau sagen wo.

Einen vergleichbaren Anlauf gab es vor einiger Zeit von Sarah Willis mit ihrem ‚Mozart meets Mambo‘. SVERRE INDRIS JONER & THE CUBAN OPERA ORCHESTRA holen etwas weiter aus. 9 weithin bekannte Themen klassischer Komponisten (Mozart, J. Strauss, Beethoven, Chopin…) in Arrangements auf typisch kubanischen Rhythmen. Ähnliches hat er schon lange vorher gemacht, Abba in Tango oder kubanische Rhythmen mit seinem Hovedoen Social Club in seiner Heimat Norwegen verbreitet. Ein gutes Händchen für den spezifischen ‚Latin-Sound‘ seiner Combo und schmissige Arrangements für das grosse Orchester sind seine Stärke, sodass dieses Unternehmen nicht in Kitsch endet, sondern sowohl bestmögliche Hör- als auch Tanzmusik ist und bleibt und trotz des grossen Klangkörpers dynamisch und frisch daherkommt.

Rah & The Ruffcats – Mehr Afro aus Berlin

Bei einem Bandnamen, in dem ‚Cats‘ vorkommt denke ich unwillkürlich an Rockabilly…. Liege hier aber total daneben. RAH & THE RUFFCATS zeigen auf ihrem „Orile to Berlin“ ihre Variante von afrikanischen Grooves in der Bundeshauptstadt. Hinter dem nigerianischen Sänger/Rapper/Shouter RAH mischen sie Highlife, Palmwine Sounds und natürlich Afro Beat zu dem sehr eigenen Klangbild, das durch den vielseitigen Frontmann nicht nur die richtige Stimme, sondern auch Einblicke in die sozio-politische Einstellung der Musiker durchscheinen lässt. Stimme, Bläser, Grooves, quirlige Gitarren, passend miteinander verzahnt und scheinbar mühelos in einprägsame Songs verwandelt.

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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