Von , 13.04.2016

Arno Tilsner

Arno Tilsner

Die Frage, ob zur Dekarbonisierung der Stromversorgung in Münster Windräder aufgestellt oder besser die Dächer von Gewerbehallen für Solarmodule genutzt werden, sollte man kühl und kundig diskutieren statt hitzig ideologisch.
Es gibt mindestens einen triftigen Grund, der für Windräder spricht: sie liefern auch im Winterhalbjahr Strom, wenn von der Sonne im Norden Europas keine nennenswerte Energie bezogen werden kann.
Es gibt andererseits mindestens einen triftigen Grund, der für Solarmodule auf Hallendächern spricht: der Strom kann an Ort und Stelle verbraucht oder für einen späteren Verbrauch gespeichert werden.
Ich finde den Weg der Energiewende über Solarmodule auf Gewerbehallen im Binnenland zielführender als die Investition in zusätzliche Windräder. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich die praktische Auseinandersetzung um dieses Thema mit einer Investition in ein Windrad hinter mir habe.
Die Idee war: mit Anteilen an einem Windrad habe ich auch Anteile an dem dort regenerativ erzeugten Strom. Nachdem unsere Enercon E82 (s. Bild S. 95) auf einem Füchtorfer Spargelacker in Betrieb gegangen war, fragte ich bei den Stadtwerken in Münster nach, wie ich 'meinen Strom' die 35 Kilometer nach Handorf in die na dann... Produktion durchgeleitet bekommen könnte.
Die Frage ging ins Leere. Mit dem Thema hatte man sich noch nicht beschäftigt. Also fragte ich meine Mitgesellschafter*innen der Windgesellschaft, ob ich mir am Windrad Strom in Akkus füllen darf, natürlich gegen 95 EUR pro Megawatt, die der Netzbetreiber dafür zahlt.
Nö, meinte der Geschäftsführer, aller Strom sei für 20 Jahre fest an den Netzbetreiber verkauft. Nebenbei Abfüllen führe zum Erlöschen der Betriebserlaubnis.
Also schaue ich zu, wie meine Investition Strom für 20,- EUR nach Österreich exportiert, den Verbraucher*innen aus Deutschland mit 95,- EUR pro Megawatt subventioniert haben, während wir selbst den Strom für 250,- EUR pro Megawatt von den Stadtwerken kaufen, Tendenz steigend.
Von dieser Ernüchterung ausgehend haben wir mit der Solarstromerzeugung auf dem eigenen Gewerbegrundstück begonnen, also das Konzept der SPD-Ratsfraktion um 4 Jahre vorweggenommen. Wir sind überzeugt, dass wir als Unternehmer auch beim grünen Strom mehr als Subventionswirtschaft können.
Fazit bisher: es ist nicht trivial, denn es geht nicht darum, immer wenn die Sonne scheint, möglichst viel Strom ans öffentliche Netz zu liefern. Wenn in Münster endlich die Sonne scheint, scheint sie wahrscheinlich in der ganzen Republik und der Solarstrom landet mit dem Windstrom zusammen für n' Appel&Ei in Österreich.
Wer wirkliche Dekarbonisierung will, muss regenerativ erzeugten Strom speichern können. Speicher sind der Dreh- und Angelpunkt. Ohne sattes Speichervolumen geht regenerative Energieversorgung 365 Tage und Nächte im Jahr nicht.
Genau über diesen Punkt werden wir hier in 3 Wochen weiter sprechen. - Arno Tilsner


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