Von , 03.08.2016

"Rechts" und "links" haben zur politischen Einordnung ausgedient.

Ruprecht Polenz

"Offen" gegen "Geschlossen" sind die politischen Richtungen, die sich im 21. Jahrhundert gegenüberstehen, meint der britische Economist in seiner neuesten Ausgabe. Überall in Europa seien politische Bewegungen auf dem Vormarsch, die wie folgt argumentierten: Die Welt ist häßlich und bedrohlich. Kluge Nationen sollten Mauern errichten, um diese Welt draußen zu halten.
Diese Devise hat eine ultra-nationalistische Regierung in Ungarn an die Macht gebracht. Auch die derzeitige polnische Regierung mit ihrem Mix aus Fremdenfeindlichkeit und Mißachtung verfassungsrechtlicher Normen. Und in den USA will Donald Trump mit Muslimfeindlichkeit und Isolationismus amerikanischer Präsident werden. Die autoritäre Internationale wird durch Putin und Erdogan ergänzt. Allen gemeinsam: die Vorstellung geschlossener Gesellschaften. Auffallend, wie gut sie sich untereinander verstehen.
Aber eine Welt der Mauerbauer wäre gefährlicher und ärmer. Ärmer, weil wir alle vom Austausch über Staatsgrenzen hinweg profitieren: Mit unseren Arbeitsplätzen als Exporteuere und durch die Gütervielfalt, die uns als Kunden zur Verfügung steht. Ärmer auch, weil wir uns an Urlaube in fremden Ländern gewöhnt haben und weil Deutschland auch ein Ziel für Millionen von Touristen aus aller Welt geworden ist.


Das Einmauern wäre auch gefährlicher. Weil man sich innerhalb der Mauern eine homogene Bevölkerung vorstellt, die durch die Mauer von den "anderen" geschützt werden könnte. Aber in Deutschland gab es nie eine homogene Gesellschaft. Wir sind längst eine Gesellschaft mit vielen "anderen". Diese würden durch völkisches Denken ausgegrenzt. Zusätzliche Spannungen und Radikalisierungen wären die Folge.

In Münster leben 30.000 Ausländer, jeder zehnte Einwohner ist kein Deutscher. Die größte Gruppe stellen die Polen (2250) gefolgt von 2022 Syrern, 1925 Serben, 1757 Türken, 1641 Portugiesen und 1041 Italienern. Insgesamt leben Angehörige von 165 Nationen in unserer Stadt.

Münster ist international geprägt. Auch das trägt zur hohen Lebensqualität in unserer Stadt bei. Die Verschiedenheit bereichert. Sie muss keine Angst machen. Die Populisten von AfD & Co. wollen uns mit ihrer völkischen Ausgrenzungspolitik weis machen, Deutschland sei sicherer und besser dran ohne Ausländer und ohne Muslime. Aber wir erleben in Münster jeden Tag die Vorzüge einer offenen, freiheitlichen und pluralistischen Gesellschaft. Wir müssen uns das nur gelegentlich bewußt machen, um den Völkischen mit ihrem geschlossenen Weltbild nicht auf den Leim zu gehen.

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