Von Stefan Bergmann, 16.08.2017

Langsam kullert die Träne die Wange herab,

Langsam kullert die Träne die Wange herab, und ganz aus der Ferne hört man ein klägliches „…Mama!!!!!!“ Die AfD beschwert sich bei den Westfälischen Nachrichten. Sie habe nicht ordentlich über den Wahlkampfauftakt in Hiltrup berichtet. Und so überhaupt gar nichts über die Rede von AfD-Bundessprecher Meuthen. Da muss man hier aber mal sagen: Hat sie doch. Drei Zeilen. Da war alles drin.

Gegen Multikulti, gegen Gleichstellung, gegen die „Beutegemeinschaft des Establishments“ (was auch immer die wirre AfD-Ideologie damit meint).

Vielleicht liegt es daran, dass einfach niemand die in weiten Teilen menschenfeindlichen Thesen der AfD zum Frühstück lesen will?

Vielleicht liegt es daran, dass jeder, der diesen üblen Schmonzes zum Wohlgefühl braucht, ihn zur Genüge auf den braunen Seiten des blauen Netzwerkes findet?

Neulich war der Bundespräsident bei uns in der Gegend - der Autor dieser Kolumne arbeitet wochentags in Ostfriesland. Die Akkreditierung dauerte zehn Minuten, obwohl die offizielle Frist verpasst wurde. Danach durfte er auf Haareslänge ans Staatsoberhaupt heran.

Vielleicht aber auch war es einfach die Absicht der WN, den normal denkenden, intelligenten, toleranten, einfühl- und mitfühlsamen Menschen nicht mit Extremisten-Larifari zu nerven. Münster ist nicht Sachsen.

Schon tags zuvor hatte die AfD gezeigt, dass Sie Transparenz nur bereit zu leisten ist, wenn es ihr in den Kram passt. Die AfD-Ortsgruppe hatte einen Saal im Mövenpick-Hotel gebucht, unter einem Privatnamen. Zum Termin jedoch stellte sich heraus, dass eine Pressekonferenz abgehalten wurden. Hoteldirektor Zündel war not amused. Dass die AfD hinter der Saalbuchung steht, wusste er nicht. Die Verteidigungslinie der AfD lautete in etwa so: Herrn Meuthen kenne doch jeder. Da müsse man doch nicht unbedingt dazu sagen, dass die AfD kommt. Übertragen auf - sagen wir - die CDU, ginge es dann wohl so: CDU-Mitglied XY bucht einen Saal - und drei Tage später steht überraschend Frau Merkel auf der Matte. Der Herr Zündel wäre auch dann pikiert. Freilich aus anderen Gründen.

Sagen wir es mal so, wie es ist: Niemand braucht die AfD, niemand will mit ihr etwas zu tun haben, niemand teilt das frauen-, ausländer-, schwulen-, lesben-, kinder-, familien-, umwelt-, presse- und toleranz-feindliche Programm. Vielleicht finden 10 Prozent der Deutschen diese Positionen toll. Aber 90 Prozent eben nicht.

Und das kriegt man halt als AfD zu spüren. Wollt Ihr freundliche Reaktionen, dann macht einfach mal eine (menschen-)freundliche Politik. Wie sagte Landesvater Rau: „Versöhnen statt spalten!“ Ach pardon. War ja ein Sozi. Ganz, ganz böse!

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