Presseausweis
Von Michael Jung, 04.07.2018
Vor zehn Jahren galt es als Binsenweisheit
Vor zehn Jahren galt es als Binsenweisheit der Kommunalpolitik, dass Münster ein Gymnasium zu viel hat. Auch hier hat sich alles geändert: Wachsende Stadt bedeutet – Münster braucht auch mehr Schulen. Gleichzeitig macht die Rückkehr zu G9 mehr Räume nötig als in der Vergangenheit. Es stehen also erhebliche Investitionen an.
Die Frage ist nur – welche Schulen braucht Münster in Zukunft? Ganz sicher ist schon heute – eine dritte städtische Gesamtschule ist unbedingt nötig. In diesem Jahr haben fast 300 Kinder an den beiden städtischen Gesamtschulen bei der Anmeldung keinen Platz bekommen. So etwas darf sich auf Dauer nicht wiederholen. Die Stadt sollte zügig die Weichen dafür stellen, dass jedes Kind an der Schulform lernen kann, die es sich selbst mit seinen Eltern aussucht.
Leider sind andere auf die merkwürdige Idee verfallen, dass Münster ein neues Gymnasium brauche. Zwar ist dort bisher niemand abgewiesen worden (anders als an den Gesamtschulen), aber die Umstellung auf G9 scheint ein Argument zu sein. Spannend ist die Frage, was es für Münsters bestehende Gymnasien bedeutet, wenn alle nur noch vier Klassen bilden dürfen und dafür ein neues Gymnasium an den Start geht. Man kann das heute schon sagen: Eine Rolle rückwärts in die 80er, als es das Modell „vier Züge für alle“ schon gab: Weniger Differenzierung, weniger LK-Angebote, weniger bilinguale Angebote – kurz all das, was in den letzten Jahren eingeführt worden ist. Mit geringeren Schülerzahlen gibt es weniger differenzierte Lernangebote. Ein neues Gymnasium führt daher nicht zu mehr Auswahl, sondern zu mehr gleichförmigen Angeboten. Daher spricht alles dafür, gute bestehende Gymnasien so zu erweitern, dass sie auch unter G9 in derselben Größe wie bisher weiter arbeiten können anstatt sie zu beschneiden.
Und dann geht es wie immer um „das Schlaun“. Nachdem die damalige CDU/FDP-Mehrheit die Schule 2006/7 erst schließen wollte und dann einen Sanierungsstopp verhängte, ist die Sanierung nun genauso teuer wie ein Neubau. Die Schule steht vor einer schwierigen Wahl: Entweder 6-8 Jahre (fast ein ganzes „Schülerleben“) Abriss und Baustelle oder Neubau an einem neuen Standort – zum Beispiel in Gremmendorf. Das ist viel verlangt – aber dass ein Gymnasium in einem boomenden Stadtteil ganz neu aufblühen kann, das hat vor zehn Jahren ein anderes vorgemacht: Das Stein. Die Schulpolitik wird wieder spannend in Münster. Michael Jung