Von Stefan Bergmann, 20.11.2019

Mit deutscher Gründlichkeit bereitete man sich Mitte des Jahres

Mit deutscher Gründlichkeit bereitete man sich Mitte des Jahres auf die E-Scooter vor. Die Welt schien kurz vor dem Untergang zu stehen. Bitte mit Helm, nicht mit Alkohol - und im Sommer keineswegs mit FlipFlops - die Scooter schienen eine exorbitante Bedrohung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu sein. Hier nicht parken, da nicht fahren, Helm auf, Nummernschild dran. Am besten lässt man es ganz, denn die Überlebensrate schien nicht hoch.

Steht da ein Scooter auf dem Bürgersteig? Potzblitz, das gab es früher nicht! Klar. Früher gab’s ja auch keine Scooter. Über Fahrräder auf dem Bürgersteig regt sich inzwischen niemand mehr auf. Selbst Autos auf Bürgersteigen sind irgendwie geduldet. Lustige Ratschläge gibt das Ordnungsamt der Stadt Münster. Man möge doch bitte, wenn kein Blinker vorhanden ist, mit der Hand anzeigen, wenn man abbiegen will. Liebes Ordnungsamt, schon mal gemacht? Auf dem wackeligen Ding eine Hand vom Lenker zu nehmen, ist keine gute Idee. Der Ratschlag könnte zum Radschlag führen.

Was also ist geblieben vom Horror-Szenario E-Scooter, zum Beispiel in Münster?

Nicht viel. Es gab Warnungen, Hinweise, Verbote - aber keine nennenswerten Unfälle und überhaupt keine nennenswerten Negativ-Schlagzeilen. Da mochte sich die Lokalpresse noch so überschlagen. Irgendwie passierte einfach nichts, was eine gute schlechte Nachricht wert wäre.

Auch der Tier-Sprecher für Münster mit dem bemerkenswert westfälischen Namen Johannes Junge-Wentrup hat nicht viel zu meckern. Die Münsteraner als geübte Radfahrer haben kein Problem mit den Rollern. Man appelliere an die Fahrer, sich an die Straßenverkehrsordnung zu halten. Parken auf der Promenade oder am Aasee ist verboten - ansonsten auf Radwegen alles erlaubt, (Achtung: Der Weg rund um den Aasee ist kein Radweg, mithin auch kein E-Scooter-Weg. Aber Radweg oder nicht, damit hatte ja bereits selbst Polizeipräsidenten mal sein Problem…)

Das Unternehmen Tier tauscht jetzt seine Roller-Flotte aus. Größere Trittbretter, bessere Bremsen und größere Reifen - die sollen die Roller fit machen für den Herbst und Winter. Die auffälligste Änderung kommt direkt dem Unternehmen zugute. Die Akkus sind künftig austauschbar, die Roller müssen also nicht jede Nacht eingesammelt und aufgeladen und dann wieder neu verteilt werden. Und nebenbei will man bis Ende 2020 CO2-neutral sein.

Die Roller in Münster: Viel Aufregung am Anfang, doch nach fünf Monaten haben sich die meisten Probleme in Wohlgefallen auflöst. Wie würde Shakespeare sagen: Viel Lärm um Nichts. Inzwischen fährt jedermann mit den Rollern. Wenn er dafür das Fahrrad stehenlässt: gut, dann profitiert die Umwelt nicht. Doch wenn er das Auto stehenlässt, dann stimmt die Bilanz.

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