Von , 24.06.2020

Widerstand

Es ist Wahlkampf...die SPD hat ihre Antennen ausgefahren und möchte das Thema Wohnraumschaffen in Münster in den Vordergrund stellen. Und Potzblitz hat sie, die SPD, mit ihrem Spitzenkandidaten Michael Jung die Lösung parat: bezahlbarer Wohnraum in Kanalnähe!! 6000, in Worten sechstausend, Wohnungen sollen zwischen Wolbeckerstraße, Umgehungsstraße und Lütkenbeckerweg entstehen.
Da mag sich die Frage aufdrängen, warum ist denn da vorher niemand darauf gekommen? Warum schlagen CDU und Grüne nur dezente 2000 neue Wohnungen für das Gebiet hinter den neuen Osmohallen am Lütkenbeckerweg vor?
Wer, vielleicht zugegebenermaßen etwas polemisch, die Scheuklappen aufbehalten will, kann oder muss, der mag im Sinne der SPD deren Vorschlag als das sehen und verstehen: die einfache Lösung eines hochaktuellen und brisanten Problems in Münster. Toll,das muss man doch gut finden !?
Uns kommen dagegen im Zusammenhang mit diesem SPD - Vorschlag Gedanken und Fragen zur sozialen(!!!) ,ökologischen und verkehrstechnischen Nachhaltigkeit.
Ökologische Aspekte: Das Gebiet, welches die SPD zur Schaffung des Wohnraums vorsieht, ist ja nicht leer. Vielmehr gibt es hier seit Jahrzehnten gewachsene Schrebergartenkulturen. 5, in Worten fünf, Kleingartenvereine stellen hier seit Jahren - der Kleingarten-Verein Flora hat im letzten Jahr seinen 100 jährigen Geburtstag gefeiert!!- durch ihre Arbeit und ihr Tun Platz und Fürsorge für Pflanzen- und Tierwelt dar. Diese Kleingärten leisten ihren besonderen Beitrag zu einer Welt, die der Artenvielfalt, der Nachhaltigkeit durch ihr ökologisches sinnhaftes Tun verpflichtet sind und nachkommen!
Die Imker und die Pflanzenwelt in diesen Gärten stoppen das Bienensterben.

Paradies in Münster Ost

Wer frühmorgens oder in den Abendstunden das tägliche Vogelkonzert und das Bienensummen erlebt, weiß wovon wir sprechen. Im Sinne der SPD würden hier die Planierraupen für Tatsachen sorgen. Arbeit, Pflege und Mühen plattgewaltzt. Im Sinne der SPD - widde, widde, witt ich mach mir meine Welt widde, widde wie sie mir gefällt...- verlegt man diese geschaffenen, erarbeiteten Gärten hinter die Umgehungsstraße... per Zauberstab zieht der alte Baumbestand mit um....Respektvoll gegenüber den Vereinen und deren Mitgliedern und deren Arbeit geht anders.


Lost in Paradies

Diese Gärten stellen einen wesentlichen Teil des grünen Gürtel Münsters dar. Wer nach einem sommerlichen Tag abends über die Schillerstraßenbrücke radelt oder geht, weiß wovon wir sprechen. Von stadtauswärts kommend wird schon auf (!!!) der Brücke die Temperatur gefühlt um 2-5 Grad wärmer.


Erholung in Münster Ost

Soziale Aspekte: das Vereinsleben ermöglicht nicht nur gemeinsame Feste, es sind soziale Bindungen, Nachbarschaften und Freunschaften teilweise über Jahrzehnte entstanden. Zudem ermöglicht die Kleingartenzugehörigkeit vielen überhaupt erst die Möglichkeit, ein grünes Leben als Stadtmenschen ausleben zu können. Desweiteren würden die Sportflächen des ältesten münsteraner Sportvereins TuS Saxonia planiert werden. Auch in diesem Bezug bleibt der SPD-Vorschlag mehr als hinterfragungswürdig. Wofür steht eigentlich das S in SPD?


Widerstand

Verkehrstechnische Aspekte: Wer in der Rushhour die Wolbeckerstraße oder den Hansaring befahren muss, egal ob mit dem Auto oder dem Fahrrad, weiß wovon wir sprechen. Diese Straßen sind völlig überlastet. Der sogenannten Fahrradstraße Schillerstraße ergeht es auf andere Weise ebenso. Da mag der SPD-Vorschlag fast nicht mehr naiv eingeschätzt werden. Das wirkt fahrlässig. 6000 Wohnungen mit ihren mobilen Anhängseln...Stop and Go Wolbeckerstraße. Das bisherige Scheitern des Hafenprojekts in verkehrstechnischer Konzeptionslosigkeit würde hier nur eine weitere Fortsetzung finden.


Grundsätzlich ist aus unserer Sicht die Idee der Erweiterung des Wohnraums in Münsters stadtnahen Osten in solch massiver Form vor dem Hintergrund der gegebenen verkehrstechnischen Strukturen und Nichtoptionen ein fahrlässiges, ignorantes, dem Wahlkampf geschuldetes Verhalten. Die abstrakte Idee neuen Wohnraums mag sozial klingen, für die hier schon lebenden Menschen ist es unsozial. Die gnadenlose Zerstörung und „Umsiedlung“ der Kleingärten wäre in diesem Kontext zudem menschenunwürdiges Tun.

Christian Pelters und Nicole Schaper

Die SPD war in den frühen 70er Jahren eine der ersten, die noch vor Entstehung der Grünen ökologische Nachhaltigkeit in ihre Parteiprogramme aufgenommen hat. Erhard Eppler war einer der Vorreiter in Deutschland bezüglich des ökologischen, nachhaltigen, politischen Agierens. Wir würden der SPD in Münster ein Innehalten und Besinnen auf diese Wurzeln und Vorbilder wünschen.
Keine Macht den Scheuklappen!
In diesem Fall: Keine Macht der SPD!


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