Von Ruprecht Polenz, 13.10.2021

Eine Verkehrspolitik mit Tunnelblick

- so könnte man die Maßnahmen überschreiben, die SPD, Grüne und Volt in der letzten Ratssitzung durchgesetzt haben. Mit starrem Blick nur auf das Ziel fixiert, Autos aus der Innenstadt zu vertreiben. Kein Blick auf die, die als Ziel von den Autofahrer:innen angesteuert werden: den Einzelhandel. Kein Gedanke daran, wie die 1,5 Millionen Menschen aus dem Einzugsbereich Münsters in die Stadt kommen sollen, so lange der öffentliche Personennahverkehr dafür kein attraktives Angebot bereit hält.

Selbst wenn mit dessen Verbesserung alles klappt, was man sich vorgenommen hat, wird es noch viele Jahre dauern, bis der ÖPNV für die Menschen aus dem Münsterland, dem Emsland, Ostwestfalen oder dem nördlichen Ruhrgebiet eine wirkliche Alternative zum Auto ist, um nach Münster zu kommen. Bis dahin haben sich die Kunden längst andere Ziele gesucht zu Lasten des Einzelhandels in Münster und seiner vielen tausend Beschäftigten.

Auf einen Schlag sollen in den nächsten Monaten fast 1.500 Parkplätze entweder vollständig wegfallen (Arkaden 150, Domplatz 94) oder von den Zufahrten über Münzstraße und Mauritzstraße abgeschnitten werden (Tibus 748, Hörster Platz 230, Alter Steinweg 390)

Was das für den Einzelhandel in der Innenstadt bedeutet, der noch von Corona gebeutelt ist und der gegen die online-Konkurrenz ankämpfen muss, wird vom Tunnelblick von SPD, Grünen und Volt nicht erfasst. Es interessiert die drei Parteien nicht.

Klimaneutrales Münster möglich machen - mit Bürger: innenbeteiligung und wirksamen Maßnahmen“ - diese Überschrift über dem Antrag von SPD, Grünen und Volt muss dem Einzelhandel und der Initiative „Starke Innenstadt“ wie Hohn vorkommen. Es gab keine Gespräche, geschweige denn irgendeine Beteiligung. Der Einzelhandel und seine tausende von Arbeitsplätzen kommen im Tunnel von SPD, Grünen und Volt nicht vor.

Dabei gibt es gute Wege, den Autoverkehr in der Innenstadt zu reduzieren, ohne mit dem Bad auch das Kind auszuschütten. Münster sollte es machen wie Paris. Großflächig Tempo 30 überall innerhalb des 2. Tangentenrings. Die Angleichung der Geschwindigkeiten ermöglicht es, den knappen Verkehrsraum zwischen den Häuserzeilen für Fußgänger:innen, Fahrradfahrer:innen, Autofahrer: innen und dem ÖPNV anders aufzuteilen. Die Bedeutung des Autos nimmt ab. Die Lebensqualität nimmt zu.

Weiterer Vorteil: es ist deutlich preiswerter. Allein die Entschädigung für den privaten Eigentümer des Arkaden-Parkhauses in der Königstraße dürfte sich auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag belaufen. Davon könnte man stattdessen große Teile des neuen Preußen-Stadions bezahlen.
- Ruprecht Polenz

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