Presseausweis
Von Arno Tilsner, 30.10.2024
Was im Vorfeld von Tarifverhandlungen ...
... als Krise des Autobauers Volkswagen durch die Presse und durch Talkshows wabert, liebe Leserinnen, liebe Leser, wirft ein Schlaglicht auf den Speck, den sich Deutschland seit vielen Jahren angegessen hat. Rein körperlich lässt der sich auch samstags bei einem Gang durch die Innenstadt beobachten.
Die besondere Situation bei Volkswagen ist einfach zu erklären. 20% der Stimmrechte im Unternehmen gehören dem Land Niedersachsen. Zusammen mit einer starken IG-Metall konnten Politik und Arbeitnehmervertreter über Jahre für überdurchschnittlich auskömmliche Arbeitsbedingungen und Einkommen rund um Wolfsburg und andere VW Standorte sorgen. Finanziert wurde dieses erfreuliche Extra mit überdurchschnittlichen Gewinnen, die VW bei der aufstrebenden Motorisierung Chinas einfuhr.
Mit den Extra-Gewinnen aus China ist inzwischen Schluss. Verständlicherweise möchten die ca. 120.000 VW-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland deshalb nicht freiwillig von ihrem gewohnten Niveau runter. Also bringt die Unternehmensführung Werksschließungen ins Spiel. Wie die Verhandlungen ausgehen, werden wir spätestens 2025 wissen.
Wenn allerdings Donald Trump ab Januar 2025 eine zweite Amtszeit als US-Präsident durchregiert, wird die Konkurrenz für die deutsche Exportindustrie nicht nur im Osten (China) sondern auch im Westen (USA) härter.
Damit kommen wir zur nächsten großen Speckfalte im Land, zum Öffentlichen Dienst. Und schon sprechen wir nicht mehr über Wolfsburg, Hannover oder Emden sondern über Münster, die Universitäts- und Verwaltungsstadt, in der eine wohlhabende Bevölkerung seit Jahrzehnten unter anderem von gut bezahlten Arbeitsplätzen nach Tarifen des öffentlichen Dienstes lebt. "ver.di geht mit einer Forderung nach einem Volumen von acht Prozent mehr Geld, mindestens aber ein Plus von 350 Euro monatlich für Entgelterhöhungen und höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten in die Verhandlungen. Die starten im Januar." (Quelle verdi.de).
Als Kolumnist halte ich mich mit Bewertungen von Forderungen und Angeboten von Tarifparteien zurück. Als Ökonom stelle ich lediglich fest, dass ein öffentlicher Dienst in einer Gesellschaft kein wertschöpfender Sektor ist. Wenn es mit dem Exportweltmeister Deutschland im industriellen Bereich den Bach ab geht, werden im Gegenzug die Ausgaben im öffentlichen Sektor nicht noch spektakulärere Höhen erreichen. Die Sektoren hängen miteinander zusammen.
Fazit: mehr warme Luft durch rote Trillerpfeifen pusten wird das deutsche Dilemma nicht lösen. - Arno Tilsner