Von Ruprecht Polenz, 28.06.2023

Die Panzersperren auf den Wegen ...

... von Rostow nach Moskau könnten ein Vorgeschmack sein für das, was Russland bevorstehen würde, wenn Putin seinen Gewalt-Kurs gegen die Ukraine und die russische Bevölkerung fortsetzt. Prigoshin ist mit seinen Wagner-Truppen nicht der einzige Warlord, der um seine Pfründe kämpft. Auch der Tschetschene Kadyrow gehört dazu und die vielen Privatarmeen im Land, die Gazprom und viele Oligarchen unterhalten.

Noch hat Putin das Land im totalitären Griff. Aber das letzte Wochenende hat gezeigt: er steht wackelig auf seinen tönernen Füßen.

Wenn ein Imperium implodiert, ist das auch für die Nachbarn gefährlich. Verfügt dieses Imperium über Atomwaffen, so wie Russland, ist die ganze Welt betroffen.

Deshalb gibt es besorgte Stimmen in Deutschland, man müsse Putin als das kleinere Übel stabilisieren. Aber selbst wenn man das wollte: von außen ist diese inner-russische Entwicklung nicht zu beeinflussen. Man kann nur daran arbeiten, dass die Auswirkungen einer imperialen Implosion auf Russland begrenzt bleiben.

Eine zentrale Rolle spielt dabei die Unabhängigkeit der Ukraine. Sie muss jetzt erst recht unterstützt werden mit Wirtschaftshilfe, diplomatisch und vor allem mit Waffen, damit Russland diesen Krieg verliert und die territoriale Integrität der Ukraine wiederhergestellt werden kann.

„Die Ukraine hat Russland nie bedroht“, hat Prigoshin gesagt. Wird diese Botschaft vom herbeigelogenen Krieg gegen die Ukraine die Russinnen und Russen erreichen? Werden sie erkennen, dass Putin sie ständig belogen hat und belügt? Dass der Zar nackt ist?

Putin hat jedenfalls alles versucht, die Verbreitung dieser Botschaft über das Internet zu stoppen. Denn es zieht seiner Begründung für den Krieg den Boden unter den Füßen weg.

Manche haben die Ereignisse des letzten Wochenendes mit dem 20. Juli 1944 und dem Attentatsversuch von Stauffenberg an Hitler verglichen. Das ist abwegig. Prigoshin ist kein Stauffenberg, sondern ein brutaler Kriegsverbrecher.

Prigoshin hat überhaupt kein Problem damit, dass die Ukraine überfallen wurde. Er kritisiert lediglich, wie und warum der Krieg gegen die Ukraine geführt wird. „Dies ist eine Konfrontation zwischen einigen der schlimmsten Menschen der Welt, in einem Streit darüber, wie die Ukraine am effizientesten zerstört werden kann“, schreibt Keir Gilles im Guardian richtig.

Vorläufig ist der innerrussische Machtkampf zu Gunsten von Putin entschieden. Aber er geht geschwächt aus dieser Auseinandersetzung hervor.

Die ukrainische Gegenoffensive kann davon profitieren. Aber nur, wenn sie dafür die notwendige Unterstützung vom Westen erhält. – Ruprecht Polenz

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