Von Ruprecht Polenz, 23.08.2023

Wasch mir den Pelz ...

... aber mach mich nass. Den Spruch könnte man auch über den Umgang mit Wohnungsmangel in Münster schreiben. Einerseits wird Wohnungsmangel beklagt. Andererseits gibt‘s Protest, wenn neue Wohnungen gebaut werden sollen.

Nicht nur die Erstsemester, die jetzt zum Studium nach Münster kommen, suchen oft lange und zunehmend verzweifelt nach einem Zimmer. Jede junge Familie, die Nachwuchs bekommen hat und eine größere Wohnung sucht, weiß, wie schwer es ist, eine einigermaßen erschwingliche zu finden.

Für Berufsgruppen mit schmalem Portemonnaie wie Feuerwehrleute oder Pflegekräfte machen sich inzwischen die Arbeitgeber mit auf die Suche, weil sie sonst in Münster ihre Stellen nicht besetzen können. Denn in jedem Städtevergleich rangiert Münster bei der Miethöhe ganz oben hinter München, Düsseldorf oder Frankfurt.

Die Nachfrage nach bezahlbaren Mietwohnungen überschreitet das Angebot in Münster bei weitem. Die Stadt möchte Abhilfe schaffen und plant neue Baugebiete.

Und stößt auf Widerstand. Von Menschen, die in der Nachbarschaft dieser geplanten Neubau-Gebiete leben. Besonders laut ist dieser Widerstand jetzt in Hiltrup gegen das geplante Baugebiet „Nördlich Osttor“. Dort sollen auf 24 Hektar ca. 1000 Wohnungen entstehen. Der Streit entzündet sich daran, dass die Obergrenze der Bebauung bei sechs Geschossen liegen soll.

Diese Höhe wird zwar im benachbarten Berg Fidel, das ebenfalls zum Stadtbezirk Münster-Hiltrup gehört, bei weitem überschritten. Aber in Hiltrup-Ost finden das viele nicht akzeptabel. Manche sind auch wegen der verkehrlichen Erschließung besorgt und fürchten zusätzliche Staus.

Wenn man Tiefgaragen vorschreibe, könne man bei der Höhe sparen und dafür mehr in die Fläche bauen, heißt es. Dabei wird vergessen zu erwähnen, dass pro Quadratmeter Tiefgarage ca 1.600 € Mehrkosten entstehen, also ca 35.000 bis 40.000 € pro Platz (einschließlich Bewegungsflächen). Tiefgaragen verteuern das Bauen - und später die Miete.

1000 Wohnungen: das sind zwei- bis dreitausend Menschen. Ein kleiner Stadtteil. Er soll kein Fremdkörper sein. Natürlich muss man durch Bürger:innen-Anhörungen versuchen, die Planung zu optimieren, um dadurch auch die Akzeptanz in der Nachbarschaft zu erhöhen.

Aber Politik trägt nicht nur Verantwortung für die, die bereits dort wohnen - und die sich äußern können. Sondern auch für die, die eine Wohnung suchen und später mal in dem neuen Baugebiet wohnen wollen - und die sich nicht äußern können, weil sie von ihrem Glück noch gar nicht wissen.

Und was nun die sechs Geschosse angeht: Es gibt in Münster viele Wohnhäuser mit sechs und mehr Geschossen. Wie wär‘s, wenn die Stadt eine kleine Umfrage bei den Bewohner:innen machte: „Wie lebt sich‘s jenseits des vierten Geschosses“? – Ruprecht Polenz

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