Von , 13.07.2011

Fahrrad mit 10, Auto mit 18, danach 40 Jahre alles - nur nicht Fussgänger. Für lange Fusswege fand ich im hektischen Wochenlauf des na dann… Machers keine Zeit. Jedenfalls dachte ich so, bis es vor 2 Jahren gute Gründe gab umzudenken. Seit dem heißt es 3 x täglich zu jeder Mahlzeit eine halbe Stunde Fusslauf.

Mehr als 5.000 Kilometer in 24 Monaten, auf denen ich mir immer wieder die Frage gestellt habe, wie es dazu kommen konnte, dass FussgängerInnen im öffentlichen Raum Verkehrsteilnehmer 2. Klasse sind. Als Individuen, angetrieben von selbst erzeugten 100 Watt, umgeben von der eigenen Haut und ein paar textilen Sachen, stehen sie anderen Individuen gegenüber, die ihre Haut in ein paar textilen Sachen mit ein bis zwei Tonnen Metall ummanteln. Gut verpackt läuft die Mittelklasse nicht, sie sitzt. Man spricht deshalb bei Autos zutreffend von Zwei-, Fünf- oder Siebensitzern. Zur Fortbewegung werden nicht eigene 100 Watt bemüht, sondern mit geringem persönlichen Energieeinsatz aus dem Fußgelenk etliche tausend Watt dirigiert. Je mehr Watt es zu pilotieren gilt, um so weiter steht das Individuum in seiner Klasse oben. Lustig, oder?

Oftmals gar nicht lustig ist das Tempo, mit dem FahrzeugführerInnen ihre kleinen und großen Blechkisten durch den Verkehr bewegen. Noch zur Zeit, als der Autoverkehr sich mit wenigen Fahrzeugen im experimentellen Stadium befand, wurde per Gesetz die Höchstgeschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften auf 50 km/h begrenzt. Gedacht war diese Regelung zum Schutz aller VerkehrsteilnehmerInnen. Sie gilt bis heute, wird aber über weite Strecken nicht eingehalten. Die permanente, kollektive Ordnungswidrigkeit kann ich mir nur so erklären, dass Autofahrer und Autofahrerinnen das Gefühl, als FußgängerIn im dichten Straßenverkehr unterwegs zu sein, selbst nicht (mehr) kennen.
Es ist nicht lustig, wenn jemand mit 70 km/h und mehr auf mich zu rast, wenn ich eine viel befahrene Straße überqueren möchte. Wenn es auf der Strecke, die ich als Fußgänger übersehen kann, auch noch Einmündungen gibt, aus denen sich andere Autos in die überhöhte Geschwindigkeit der Hauptstraße einfädeln, bleibe ich besser, wo ich bin.

Damit die Überquerung einer Straße nicht zum Vabanque-Spiel wird, muss man sich auf die Einhaltung der gesellschaftlich vereinbarten Höchstgeschwindigkeit verlassen können. Danach schätze ich ab, ob ich sicher auf die andere Seite komme. Zum Risiko wird das Unterfangen, wenn ich die überhöhte Geschwindigkeit der Autos schätzen muss, womöglich ein schnelles von links und ein noch schnelleres von rechts kommend.
Fazit: Kinder wachsen nicht mehr als Fußgänger auf sondern werden von ihren Eltern in Blechkisten kreuz und quer durch die Stadt gefahren. Nicht selten mit überhöhter Geschwindigkeit, weil ja ständig die Zeit drängt! Und wir erwachsenen Fußgänger? Markus Lewe: Mal' uns bitte Zebrastreifen! - Arno Tilsner.

Und nun noch eine Richtigstellung das Heft der letzten Woche betreffend: "Wunderbar chillig! - diese CD stellte die na dann in der vergangenen Woche in "Ohrenschmauch" vor - danach folgte die Wirtschaftberichterstattung zur WestLB. Leider hatte sich wegen der Namensähnlichkeit der Fehlterteufel eingeschlichen: Die LBS West ist keinesfalls pleite, im Gegenteil: der momentane Slogan von Werbefigur Bernd Häusel heißt ganz chillig: 'Von Haus aus entspannt'. Die LBS West (Landesbausparkasse) ist ein seit 2002 unabhängiges Unternehmen, das sich bester Gesundheit erfreut und allein in Münster 700 Mitarbeiter beschäftigt."

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