Von , 16.11.2011

"Jetzt also Italien! … ." So fing der für diese Woche ausgearbeitete Presseausweis an. Die dafür Ende der letzten Woche geschriebenen Worte habe ich erstmal zur Seite gelegt. Denn nach diesem Wochenende steht den Märkten in Italien ein Typ Politiker gegenüber, der Berlusconi nie sein wollte und nie sein konnte.

Professor Dr. Mario Monti hat seine akademischen Titel nicht gekauft. Er hat auf sein Verständnis von der Rolle der Ökonomie in der Gesellschaft an der Mailänder Bocconi Universität und in Yale bei James Tobin promoviert. Dass er auf dieser Grundlage nicht nur im Elfenbeinturm dozieren kann, hat der 68 Jährige als EU-Wettbewerbskommissar z.B. Microsoft spüren lassen. Wettbewerb verhinderndes Monopol und freie Marktwirtschaft gehen für ihn nicht zusammen. Deshalb musste Microsoft unter Montis Druck 2004 mit fast einer halben Milliarde Euro das größte bis dahin verhängte 'Büßgeld' für die Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung bei Computer Betriebssystemen bezahlen.

Mit Monti bekommt Italien einen Regierungschef, der die Augen vor der in 2012 anstehenden, gewaltigen Aufgabe nicht verschließt. 300 Milliarden Staatsschulden muss Italien im kommenden Jahr refinanzieren. Bei einem Zinssatz von inzwischen 7%, wie ihn das Land am Dienstag dieser Woche am freien Markt für die Refinanzierung seiner Staatsschulden bezahlen musste, sind für die drittgrößte europäische Volkswirtschaft griechische Verhältnisse zu erwarten. Gut wäre das für uns in Europa nicht.

Für uns in einem Europa mit Perspektive wäre es gut, den Blick nicht nur auf die mangelhafte Produktivität mit anschließender Verschuldung der europäischen Mittelmeerländer zu richten sondern auch auf das, was diese Region mit der doppelten Anzahl von Sonnenstunden im Jahr als Grundlage für eine mediterrane Lebensart zu bieten hat. Als Urlauber wissen die Bewohner der europäischen Nord-Länder das längst zu schätzen. Als Lebens-Abschnitts-Raum sind die Sonnenküsten ein Eldorado für Rentner. Die produktive Mitte hat allerdings ein Problem, sich mit guten Ideen für ein mit seiner ganzen Sonnenkraft betriebenes Europa in dessen Süden nützlich zu machen. Unterschiedliche Sprach- Bildungs- und Kulturräume sperren sich gegen eine Integration. So haben wir zwar eine einheitliche Währung, die den Süden als Abnehmer für allerlei Waren aus dem Norden erschlossen hat. Leider nur auf Pump, weil der Norden mit dem unerschöpflichen Energiereichtum des Südens nichts anzufangen weiß. Das könnten wir besser machen. - Arno Tilsner

Archivtexte Presseausweis

Beiträge 2011