Von , 13.02.2013

Wie ein roter Faden ziehen sich Meldungen über falsche Etiketten durch die Berichterstattung der letzten Woche: abgeschriebene Passagen bei Dr. Schawan, Pferdefleisch in der Lasagne, im Abonnement der Westfälischen Rundschau der Lokalteil der Ruhrnachrichten; last but not least eine Klage der US Regierung gegen die Rating Agentur Standard & Poor's wegen bewusst falsch gelabelter Finanzprodukte: organisierte Kriminalität, mit deren Hilfe weltweit Milliarden von unten nach oben umverteilt wurden.
Bei der Begeisterung über die in Europa weit entwickelte individuelle Freiheit muss man bedenken, dass Freiheit vor allem bedeutet, sich selbst ein Etikett auszustellen. Ein selbst ausgestelltes Etikett kann falsch sein: kein Grund, die Begeisterung über die Freiheit in Frage zu stellen. Es wäre keine Alternative, überall finster schauende Militärs aufzustellen, wie ich es vor Jahren am Flughafen von Kuala Lumpur erlebte. Ein Kontrollapparat lässt sich leicht bestechen. Law and Order für den großen Teil der Bevölkerung und Sonderwirtschaftszonen für die Günstlinge des Systems. Dafür gibt es genügend real existierende abschreckende Beispiele.
Freiheit wird immer einen gewissen Prozentsatz an Zeitgenoss/innen dazu einladen, sich und die eigenen Angebote falsch zu etikettieren. Statt die Freizügigkeit einzuschränken sollten wir unsere Aufmerksamkeit erhöhen. Es gab zu keiner Zeit eine staatliche Garantie, mit der man sich erlauben konnte, durchs Leben zu dusseln. Mehr individuelle Freiheit fordert mehr individuelle Verantwortung von uns für uns selbst. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben.
Ich stand heute morgen nicht im Risiko, Leberwurst auf mein Frühstücksbrot zu streichen, von der sich später möglicherweise herausstellen könnte, dass sie mit Horn- und Knochenspänen gestreckt war. Ich habe keine Leberwurst auf dem Tisch. Statt dessen selbst geschrotetes Korn (Dinkel, Roggen, Weizen, Gerste) aus heimischem Anbau, mit Obststücken aus ganzen Früchten. Überschaubare Zutaten, die ich beurteilen kann.
Fast Food möchte, dass wir uns beim Essen die Zeit der Zubereitung sparen und dafür die Verantwortung für den Inhalt abgeben. Wir haben jeden Tag mehrmals die Wahl. - Arno Tilsner

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