Von , 03.12.2014

Ruprecht Polenz

Ruprecht Polenz

Geschenkt ist geschenkt, wiederholen ist gestohlen. Kinder kennen diese Regel und lernen, sich daran zu halten. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und die nordrhein-westfälische Landesregierung schicken sich an, dagegen zu verstoßen.
Es geht um die Skulptur "Toleranz durch Dialog" im Innenhof des Rathauses. Der weltberühmte spanische Bildhauer Eduardo Chillida hat sie für genau diesen Platz geschaffen. Er hatte Münster auf Einladung des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Jörg Twenhöven besucht und den genauen Aufstellungsort für die geplante Skulptur bestimmt. Der Rathausinnenhof wurde nach Angaben des Künstlers für die Skulptur umgebaut. Zwei gegenüber stehende Bänke aus schwerem Stahl symbolisieren die Verhandlungen, die im Friedenssaal den Westfälischen Frieden von 1648 vorbereitet hatten.
Die finanziellen Mittel für das Kunstwerk kamen von der landeseigenen Westdeutschen Landesbank (WestLB), die ihren Sitz nicht nur in Düsseldorf, sondern auch in Münster hatte. Die WestLB wollte sich am 1200jährigen Stadtjubiläums im Jahr 1993 beteiligen, das auch unter dem Motto stand: "Bleibendes schaffen". In einem großen Festakt wurde das Kunstwerk an die Stadt Münster feierlich übergeben. Den Platzteller vom Essen, den mir Chillida seinerzeit signiert hatte, habe ich bis heute. Aus steuerrechtlichen Gründen entschied man sich seinerzeit für die Rechtsform einer Dauerleihgabe - mit Betonung auf "Dauer".
Die WestLB, die bis zur Gründung der NRW-Bank auch die Förderbank des Landes war, gibt es nicht mehr. Der Finanzdienstleister Portigon AG ist Rechtsnachfolger und mit der Abwicklung der Landesbank beauftragt. Formal ist damit die Portigon AG auch Eigentümerin der Dauerleihgabe geworden.
Nach Treu und Glauben müsste die Landesregierung sicherstellen, dass die Chillida-Skulptur auch nach dem Ende der WestLB auf Dauer in Münster bleibt. Frau Kraft könnte dies auch mit einem Federstrich tun und die Portigon AG entsprechend anweisen.


Zu befürchten ist allerdings, dass die Landesregierung mit der Chillida-Skulptur in Münster genau so verfährt wie vor kurzem mit zwei wertvollen Bildern in Aachen.

Dort waren mit ausdrücklicher Unterstützung der rot-grünen Landesregierung wertvolle Bilder von Andy Warhol, die im Eigentum des NRW-Casino-Betreibers Westspiel standen, meistbietend versteigert worden, um mit dem Erlös die marode Spielbank in Aachen zu sanieren.

Zwar versucht Finanzminister Bohrjans zu beschwichtigen. Man werde schon eine Lösung finden, sagt er nebulös. Aber er sagt eben nicht klipp und klar: keine Sorge, die Chillida-Skulptur wurde extra für Münster geschaffen. Sie wurde für Münster gekauft und gehört nach Münster. Sie bleibt auf Dauer in Münster. Das alles sagt der Finanzminister nicht. Vielleicht schwebt ihm als "Lösung" vor, der Stadt ein Vorkaufsrecht einzuräumen. Münster müsste sich dann das Geschenk zu dem Preis zurückkaufen, der bei einem Verkauf an einen Dritten hätte erzielt werden können.

Aber auch die Landesregierung sollte sich an Regel halten:
geschenkt ist geschenkt - wiederholen ist gestohlen.

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