Von Ruprecht Polenz, 13.11.2024

Beim Essen ...

... hört die Freundschaft auf, könnte man denken, wenn man die Auseinandersetzung verfolgt, die sich wegen der geänderten Speisekarte der Restaurant-Kette Gustav Grün im Internet ergeben hat. So wütend ist die Kritik an den zwei Gerichten, die jetzt zusätzlich angeboten werden sollen. Denn darin ist Hühnerfleisch enthalten.

Für Veganer ein absolutes No Go. Das ist zunächst einmal nachvollziehbar. Denn vegan zu leben bedeutet, auf alle tierischen Produkte zu verzichten, einschließlich Fleisch, Fisch, Milch, Eier und Honig. Diese Lebensweise schließt auch die Nutzung von tierischen Materialien in Kleidung und Kosmetik ein.

Bisher war Gustav Grün auch nach seinem im Internet nachlesbaren Selbstverständnis nicht nur ein Restaurant, sondern wollte „ein Lebensgefühl“ verkörpern - mit vegan zubereiteten Speisen: „Gustav Grün ist weit mehr als nur ein Ort für gutes Essen: Seit unserer Gründung in Münster 2017 stehen wir für Healthy Fast Food in Restaurant-Qualität! Bei uns bekommst du super leckeres Essen aus der Middle-Eastern Fusionsküche – fair, gesund, schnell zubereitet und vor allem bezahlbar“, so die Selbstdarstellung.

Veganer setzen sich oft für ethische, gesundheitliche und ökologische Themen ein und streben nach einem Lebensstil, der auf pflanzlichen Alternativen basiert. Für manche vegan Lebenden geht der Anspruch deshalb über die eigene Lebensweise hinaus. Es wird gefordert, dass alle so leben sollten. Die zwei Hühnchen-Gerichte auf der Speisekarte wurden deshalb nicht als zusätzliches Angebot, sondern als Verrat an der veganen Idee gewertet - und mit einem Shitstorm im Netz beantwortet.

Genau hier liegt, Veganer mögen mir die Metapher verzeihen, der Hase im Pfeffer. Unser Grundgesetz garantiert jedem und jeder von uns umfassende Freiheiten. Die Freiheit, zu essen was man will, gehört dazu. Sie geht sogar soweit, dass man sich ungesund ernähren darf: viel Zucker, viel Fett und Fleisch, auch viel Alkohol.

Das ist natürlich unvernünftig und führt neben gesundheitlichen Folgen wie Übergewicht, Zuckerkrankheit und Kreislaufstörungen auch zu Kosten, die die Gemeinschaft tragen muss.Trotzdem ist auch ungesunde Ernährung erlaubt.

Deshalb kann kein Außenstehender einem Restaurant seine Speisekarte vorschreiben. Es trotzdem zu versuchen, ist übergriffig und schadet nicht nur der veganen Idee. Die AfD nutzt solche Beispiele mit Vergnügen für ihre Behauptung, die Menschen sollten von den, wie es heißt, woken und rot-grün Versifften, bevormundet werden. Wie die Debatten um einen „Veggy-Day“ gezeigt haben, fällt diese Kritik auf fruchtbaren Boden. Deshalb: ja, alles tun, um Menschen für gesunde und nachhaltige Lebensweise zu gewinnen und zu begeistern. Aber ihnen nicht vorschreiben, was sie essen dürfen, und was nicht. – Ruprecht Polenz

Archivtexte Presseausweis

Ruprecht Polenz Ruprecht Polenz

Beiträge 2024