Von , 24.02.2016

Stefan Bergmann

Stefan Bergmann

Pfarrer Thomas Frings verlässt die Heilig-Kreuz-Gemeinde. Er geht lieber ins Kloster, als noch länger in Münster Gemeindepfarrer zu sein. Dass Pfarrer hin und wieder einmal den Job wechseln, ist nichts besonderes. Sie sind das Personal des Bistums, und das Bistum kann sie versetzen. Manchmal weil sie sehr gut sind und zu Höherem berufen, manchmal weil sie sich etwas haben zuschulden kommen lassen. Dass ein Pfarrer jedoch freiwillig seine Pfarre verlässt - und dazu noch im Herzen Münsters - das hat eine neue Qualität. Es sollte für die Kirche in Münster ein Paukenschlag sein. Doch das Bistum kann in den öffentlichen Reaktionen nicht einmal ein „Bedauern“ über den Weggang Frings’ formulieren. Das zeigt, wie tief der Graben zwischen Frings’ und dem Bischof sein muss. Jeder mittelmäßig fleißige Arbeitnehmer bekommt in seinem Arbeitszeugnis eine Höflichkeitsformel zum Schluss. Das Bistum verweigert dies, ein Schlag ins Gesicht für Frings. Es ist eine öffentliche Demütigung. Das Bistum drückt damit aus: Wir waren mit dem, was Du in Heilig Kreuz gemacht hast, nicht zufrieden.
Was ist da passiert?
Frings wollte sich nicht abfinden mit sinkenden Gläubigenzahlen. Er veranstaltete spektakuläre Aktionen in der alt-ehrwürdigen Kreuz-Kirche, um die Menschen in die Messen zu bekommen. Er hatte Erfolg. Doch er sagt: „Wir gestalten die Zukunft von Kirche in den Gemeinden immer noch nach dem Modell der Vergangenheit.“ Das lässt tief blicken über den Rückhalt, den er mit seinen Aktionen offenbar bei seinem Dienstherrn gefunden hat. Vielleicht hat man Frings seine Aktionen als Aktionismus ausgelegt. Als unpassenden Versuch, Menschen mit populistischen Mitteln zum Evangelium zu bringen. Die frohe Botschaft jedoch müsse für sich allein wirken, so die mögliche Meinung in der Kirche, sie braucht keine spektakulären Aktionen. Und wer nicht wegen der Botschaft kommt, ist selbst schuld.
Das ist ein luxuriöse Haltung. Und vermutlich würde sie vielleicht sogar funktionieren, wenn die katholische Kirche in der Vergangenheit glaubwürdig vertreten hätte, dass sie die frohe Botschaft lebt. Doch der Missbrauchsskandal, in dessen Zuge Täter geschützt und Opfer in den Spießrutenlauf geschickt wurden, Gewalt in kirchlichen Kinderheimen vor vielen Jahrzehnten, die Stigmatisierung von Geschiedenen, Homosexuellen, das Festhalten am Zölibat, die Angst vor der Frau im priesterlichen Amt, und schließlich ein Kirchensteuersystem, das durchgreift bis zum letzten Cent vom mageren Girokonto-Zins — dies alles macht es Menschen schwer, die Kirche als moralische Instanz anzuerkennen. Und deshalb bleiben sie den Messen fern.
Weder Frings, noch Bischof Genn können ihre Kirche ändern. Viel mehr: Genn ist ein starker, aufgeschlossener Bischof, der viele gute Zeichen gesetzt hat und manches Dogma freier interpretiert, zugunsten der Gläubien. Doch beide müssen zum Schluss leben mit dem, was aus Rom, was von der Bischofskonferenz kommt. Frings hat Konsequenzen gezogen. Es ist jammerschade, dass dieser Menschenfischer jetzt im Kloster sitzt und keine Chance mehr hat, die Kirche menschlicher zu machen.


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