Von Carsten Krystofiak, 11.11.2020

In dieser Woche vor 53 Jahren …

…wurde Jan van Leyden nicht hingerichtet.

Der Schweizer Dramatiker Friedrich Dürrenmatt („Es geschah am hellichten Tag“) schrieb kurz nach dem Krieg eine Komödie über das Täuferreich von Münster. Das Stück wurde in Zürich uraufgeführt und gnadenlos verrissen.

Erst zwanzig Jahre später ließ Dürrenmatt „Die Wiedertäufer“ wieder aufführen und nun erstmals im Ausland – in Münster. Inzwischen war Dürrenmatt auch vom erfolglosen Außenseiter zum beachteten Autor geworden. Seine Parabel über Massenpsychose und Machtmissbrauch geht sehr frei mit den historischen Fakten um.

Die Wiedertäufer auf der Laien-Theaterbühne…

Es beginnt damit, dass der Schauspieler Jan Bockelson mitten in der Probe zum Theaterstück „Ödipus“ Stimmen hört, die ihm befehlen, König der Wiedertäufer zu werden.


Bockelson nennt sich Jan van Leyden und erringt durch den Münsteraner Bürgermeister Bernd Knipperdollinck politische Macht. Mit Weltuntergangsvorhersagen und Gewalt hält er die Münsteraner gefügig. Sein „neues Zion“ wird zum Terrorregime. „Das auserwählte Volk“ – die Münsteraner – hungern derweil unter der Belagerung durch das Heer des vertriebenen Fürstbischofs. Soweit stimmt wieder alles.

Doch am Schluss erlaubt sich der Autor eine überraschende Volte: Nach der Rückeroberung und Gefangennahme überredet der gewitzte Jan van Leyden den Fürstbischof, ihn am Leben zu lassen und ihn zur Unterhaltung in sein Hoftheater-Ensemble aufzunehmen. Der Bischof ist einverstanden. Doch um den Schein zu wahren, wird an Leydens Stelle ein zufällig ausgewähltes Opfer unschuldig hingerichtet…

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