Von Carsten Krystofiak, 27.04.2011

In dieser Woche vor 43 Jahren...

...rasteten Hiltrups Polizeischüler aus.

Das Jahr 1968 ließ gesellschaftspolitisch kaum einen Stein auf dem anderen.

Der Protest der Nachkriegsgeneration richtete sich gegen Kontinuitäten des NS-Staates, aber auch gegen quasi sämtliche Institutionen und Autoritäten der bürgerlichen Welt.

Die Wissenschaftler der »Frankfurter Schule« munitionierten den revolutionären Eifer der Studenten mit ideologischen Thesen und Diskursen. Zu ihnen zählte auch der Psychoanalytiker Dr. Alexander Mitscherlich.

Da nicht nur die Bürger, sondern auch die Polizisten dem neuen Phänomen aggressiver Jugendproteste verunsichert gegenüberstanden, suchte die Polizeischule Hiltrup Rat bei einem Experten. Die Wahl fiel auf Mitscherlich. Vermutlich dachte man, dass er als Psychologe die ungehaltenen jungen Leute am besten versteht. Das Thema seines Vortrages sollte lauten: »Vom halbstarken zum starken Protest«.

Noch fünf Minuten länger und Mitscherlich hätte diese historischen Exponate des Hiltruper Polizeimuseums zu spüren bekommen...

Der Seminarraum ist gut gefüllt und die angehenden Polizeioffiziere erwarten freudig eine saftige Abrechnung mit den langhaarigen Revoluzzern. Doch schon nach den ersten Minuten dämmert den Unifomierten, dass Mitscherlichs Sympathien eindeutig auf Seiten der »Gammler« liegen. Im Publikum entsteht nervöse Unruhe. Als Mitscherlich für die »Verteidigung der Studentenproteste« plädiert, flippen die Polizisten aus. Die Stimmung eskaliert derart, dass der Referent nach nicht mal einem Drittel seiner Redezeit abbrechen und schleunigst das Weite suchen muss, um einer Abreibung zu entgehen.


Drei Jahrzehnte später hatten die Studenten von ‘68 den öffentlichen Dienst erobert...

Noch fünf Minuten länger und Mitscherlich hätte diese historischen Exponate des Hiltruper Polizeimuseums zu spüren bekommen... (siehe Bild)

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