Von Carsten Krystofiak, 20.07.2011

In dieser Woche vor 94 Jahren...

...kam die Landesmutter nach Münster.

Münster in großer Aufregung! Kaiserin Auguste Viktoria, Gemahlin Seiner Majestät Wilhelms II. hatte ihren Besuch angekündigt. Die Landesmutter war gewissermaßen die Erfinderin des Charity-Events: Etliche Stiftungen, Krankenhäuser, Pflegeheime und caritative Werkstätten wurden von ihr gegründet und tragen bis heute ihren Namen. In Münster wollte die Kaiserin Verwundete im Lazarett am Hindenburgplatz besuchen, der damals noch gar nicht so hieß. Verwundete gab es im dritten Kriegsjahr nicht wenige.

Ihre Majestät bei Kaiserwetter auf Wohltätigkeitsmission, während die Münsteraner im Schlossgarten Jagd auf Amseln und Eichhörnchen machen.

Wohnen sollte Ihre Majestät standesgemäß im Schloss. Der Regierungspräsident stellte ihr untertänigst seinen Dienstwagen zur Verfügung. Doch der Fahrer des Präsidenten war Elsässer und galt deshalb politisch als unzuverlässig. Glück für den münsteraner Kraftfahrer Paul Kaschner: Als Mitglied des Kaiserlichen Automobilclubs K.A.C. wurde er aus dem Schützengraben der Westfront nach Hause kommandiert, um die Kaiserin zu kutschieren.


Die Münsteraner jubelten der Landesmutter zu. Dass ein Blag unüberhörbar protestierte »Dass is’ nich’ meine Muttaaaa!«, nahm sie mit Humor. Die Untertanen waren froh, wenigstens vorübergehend die katastrophale Versorgungslage vergessen zu können.

Der Hunger war so schlimm, dass die Menschen im Schlossgarten Jagd auf Eichhörnchen machten und die Gräfte leerfischten.

Für Fahrer Kaschner war der Besuch der Kaiserin der Karrierestart: Er kaufte den Wagen des Oberpräsidenten, in dem er Viktoria Auguste gefahren hatte und gründete Münsters erste Autovermietung.

Ihre Majestät bei Kaiserwetter auf Wohltätigkeitsmission, während die Münsteraner im Schlossgarten Jagd auf Amseln und Eichhörnchen machen.

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