Von Carsten Krystofiak, 04.03.2015

In dieser Woche vor 70 Jahren...

wurde der Schnapsverteiler ermordet.

Vier Wochen vor dem Einmarsch der Briten, zwei Monate vor Kriegsende, waren die Zustände in Münster chaotisch. Gebäude und Infrastruktur lagen in Trümmern; Flüchtlingstrecks, Ausgebombte und verstreute Soldaten verstopften die Straßen.

Die Versorgungslage war katastrophal. Doch Heinrich Burwick wusste, wo man sogar jetzt noch eine Flasche Sekt auftreiben konnte! Der Warendorfer betrieb in den Resten des Hauses Hohenzollernring 19 eine behördlich zugelassene Schnaps-Verteilungsstelle, denn ohne Schnaps war der Krieg nicht auszuhalten, das sah auch die Naziführung ein.

Der Tatort heute. Damals machte das Kriegs-Chaos polizeiliche Ermittlungen unmöglich.

Im Keller hatte er noch eine Pulle Sekt, die wollte er für eine Geburtstagsfeier holen.
Also machte er sich auf den Weg nach Münster. Das war gefährlich, denn es bestand immer das Risiko, auf offener Straße spontan zur Front eingezogen zu werden.


Als er nach Tagen nicht zurückkam, waren seine Verwandten beunruhigt. Zu Recht: Burwick lag mit einer Brechstange erschlagen auf dem Kohlenhaufen in seinem Keller. Es fehlten zweitausend Reichsmark, seine Uhr, eine Pistole – und der Sekt.

Für die Polizei ein Albtraum: Die Stadt durchströmt von Menschen, die nirgends gemeldet waren, keine intakten Kommunikationsmittel, keine vollständigen Unterlagen mehr. Zudem wusste so gut wie jeder, dass es bei Burwick »was zu holen« gab. Der Mord wurde nie aufgeklärt.

Der Tatort heute. Damals machte das Kriegs-Chaos polizeiliche Ermittlungen unmöglich.

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