Presseausweis
Von , 16.12.2015
Stefan Bergmann - In diesen Tagen wird
In diesen Tagen wird das neue Einkaufszentrum im Hafen beschlossen. Es ist das Ende eines in Münster beispiellosen Kampfes eines ganzen Stadtviertels gegen eine Neubebauung - und die deswegen befürchteten Auswirkungen auf den ganzen Osten Münsters: Verkehrschaos, Verlust von Identität und Baukultur, eingehende kleine Geschäfte und benachbarter Supermärkte wegen der neuen großen Konkurrenz. Das Gegenargument der Stadt gegen die letztere der Befürchtungen war stets: Es ist nicht Aufgabe der Stadtplanung, Konkurrenz für alteingesessene Geschäfte zu verhindern.
Man wollte es gerne glauben, wenn die Stadt Münster an anderer Stelle ebenso konsequent vorginge. Doch sie macht Politik mit zweierlei Maß. Und das Maß ist: Je mächtiger die Lobby, desto eher knickt sie ein. Das bekommt seit Jahren das Unternehmen Decathlon zu spüren.
Die Millionen für den Bau eines großen Sportartikel-Marktes auf der Pebüso-Fläche in Münster-Süd liegen auf dem Tisch. Doch die Stadt erteilt keine Baugenehmigung. Bis zum Gericht ging der Streit. Ohne Ergebnis. Die Stadt sagt, das Einzelhandelskonzept Münster verbiete den Bau von großen Märkten außerhalb des Zentrums, wenn dort Dinge des täglichen Bedarfs angeboten werde. Das ist im Grunde nicht dumm. Die verwaisten Innenstädte sind landauf landab zu sehen, weil Einkaufszentren auf die grüne Wiese geknallt wurden. Nun funktioniert Münsters Innenstadt aber prächtig, zu sehen wieder beim jüngsten verkaufsoffenen Adventssonntag. Die Mieten sind vergleichbar mit
Düsseldorfs Kö’, die Verkaufspreise allerdings auch; die willigen Filialisten stehen Schlange. Braucht die Innenstadt also wirklich Schutz? Oder eher die dort vorhandenen High-Quality- Sportartikler? Letzteres scheint der Fall zu sein. Und so verhindert man Millionen-Investitionen, einiges an Gewerbesteuer und das Recht von Familien mit Kindern, für eine Fußball-Grundausstattung oder Schulsport-Klamotten nicht gleich ein Vermögen ausgeben zu müssen. Im Hafen gibt es keinen Konkurrenzschutz, für die Hochglanz- City schon. Wo bleiben hier die Sozialdemokraten, die Grünen? Politik für einkommensschwache Gruppen ist das nicht.
Drolligerweise macht Decathlon schon jetzt, mit seinen Filiale in Dortmund und Herne, einen sechsstelligen Umsatz mit Münsteranern. Das bestätigte das Unternehmen. Wer preiswerte Sportsachen braucht, trägt sein Geld schon jetzt dort hin. Und nicht in die münstersche Innenstadt.
Also fassen wir zusammen: Sportsachen sollen teuer bleiben dürfen. Familien sollen weiter ins Ruhrgebiet fahren müssen, wenn sie es billiger wollen. Decathlon darf nicht investieren. Das ist eine Politik der Arroganz, der Beliebigkeit. Vermutlich wird Decathlon nach Telgte oder Bösensell abwandern. Wie so viele, die Münster abgewiesen hat. Ach, zu guter Letzt: Wo war eigentlich das Veto der Stadtoberen, als Media Markt baute im Südviertel? Oder Lidl? Oder Ratio, jetzt „kaufpark“? Zum Schluss durften sie alle machen, was sie wollten. Hôni soit, qui mal y pense.